Essen.. Vor sieben Jahren soll Markus S. (39) in Hattingen die 36 Jahre alte Jennifer Schlicht ermordet haben. Vor dem Landgericht Essen sagte jetzt sein Bruder aus, dem die Tat ein Rätsel ist. Sein Bruder sei nie aggressiv gewesen, hätte aber Probleme mit anderen Menschen gehabt.
Es passt nicht zusammen für den Zeugen. Auf der einen Seite sein Bruder, der 39 Jahre alte Bochumer Markus S.. Auf der anderen der schreckliche Mord an Jennifer Schlicht (36), die in ihrer Wohnung in Blankenstein zwischen dem 13. und 17. Mai 2005 mit 30 Messerstichen in den Rücken getötet wurde. Nie, so sagt es der 41-jährige Bruder des Angeklagten, hätte er diesem eine solche Tat zugetraut.
Markus S. hatte die Tötung der Frau, die bei der Stadt Bochum und als Lebensberaterin arbeitete, zum Prozessauftakt gestanden. Ein Geständnis mit Widersprüchen zum Tatablauf. Etwas mehr als sechs Jahre nach der Tat war Markus S. festgenommen worden, weil die von ihm bei einem Einbruch hinterlassene DNA zu der am Mord-Tatort passt.
Geständnis bezweifelt
Am Dienstag zweifelt der Essener Schwurgerichtsvorsitzende Andreas Labentz das Geständnis an. Denn das Gericht hatte einen Zeugen gehört, der Jennifer Schlicht am 13. Mai 2005 um 17 Uhr an dem Kiosk am Marktplatz gesehen haben will. Das hatte er kurz nach Auffinden der Toten am 17. Mai zu Protokoll gegeben. Doch Markus S. erzählte dem Gericht, er hätte die Wohnung von Jennifer Schlicht um 13 Uhr betreten und nach der Tat gegen 17 Uhr verlassen. Labentz: „Das passt nicht.“ Am nächsten Prozesstag will Markus S. sich dazu äußern.
Zuvor hatte seine 63 Jahre alte Mutter ausgesagt. Sie sprach von einer schwierigen Kindheit des Angeklagten, weil dessen Vater, ihr erster Ehemann, viel getrunken hätte: „Markus wollte immer schlichten. Es war nicht einfach.“ Schule, Lehre – all das sei aber normal gewesen.
Keine Anzeichen
Markus S. wendet seinen Familienmitgliedern die Schulter zu, würdigt sie keines Blickes, erlaubt keinen Blick auf sein Gesicht. Sein Bruder drückt sein Unverständnis über die Tat aus: „Ich bin schockiert bis heute. Ich kann die Beweggründe meines Bruders nicht nachvollziehen. Es gab nie Anzeichen.“ Er zeichnet das Bild unterschiedlicher Persönlichkeiten. Das hätte sich in der Kindheit angebahnt: „Er stand hintenan, das setzte ihm zu. Er kam nicht aus sich heraus.“
Markus S. hätte Probleme mit anderen Menschen gehabt. Ob Markus zur Gewalt neigte? „Er war nie aggressiv. Ich war der Jähzornige.“ Von unerfüllten Hoffnungen spricht der ältere Bruder: „Er wäre sicher gerne ein anderer Mensch geworden. Das Potenzial hätte er gehabt.“ Die Tat müsse in seiner Psyche begründet liegen: „Er ist nicht normal.“ Dann geht der Zeuge, verzichtet auf Kostenerstattung und bleibt kurz vor dem Angeklagten stehen. Doch der schenkt ihm immer noch keinen Blick.