Hattingen. Mittelschicht, die keine Zuschüsse bekommt, kann Kinder häufig nicht mehr in Ferienfreizeiten schicken.

Armut war vor kurzem bei der ersten Konferenz im Rathaus ein großes Thema. Sie macht sich auch am Reiseverhalten von Kindern und Jugendlichen bemerkbar. Wobei nicht immer die Allerärmsten zu Hause bleiben müssen, weil diese Zuschüsse bekommen können. Ferien vor der Haustür sind für die breite Mittelschicht angesagt, deren Verdienst knapp über Einkommensgrenzen liegt – sie können sich die Ausgaben für Ferienfreizeiten oft nicht leisten.

Das wurde bei der Diskussion im Jugendhilfeausschuss deutlich. Pfarrer Frank Bottenberg erlebt im Kirchenkreis Hattingen-Witten, dass viele gute Angebote nicht genutzt werden, und schreibt das nicht nur der demografischen Entwicklung zu, sondern vermutet, das habe „doch mit Geld zu tun“. Er erlebt immer wieder, dass 15-, 16-Jährige entweder Campingurlaub mit Mama und Papa machen müssen oder Ferienspaß zu Hause haben. Diese Familien „outen sich nicht als bedürftig“. Auch die Teilnahme an Konfirmandenfreizeiten ist ein Problem.

Die Diskussion ins Rollen gebracht hatte ein offener Brief des Kinderschutzbundes, der – wie berichtet – nach der Pleite des Jugendferienwerks einen verlässlichen Reisepartner vermisst. Gerade die Kooperation mit dem Kinderschutzbund – „wir arbeiten sehr gut zusammen“ – ist der Beigeordneten Beate Schiffer wichtig. Sie wunderte sich allerdings über den offenen Brief, redet „lieber mit- als übereinander“ und schätzt die Debatte über die Presse nicht. Eine Qualitätskontrolle sei bei den aufgeführten örtlichen Trägern durchaus gegeben. Für das kommende Jahr verspricht sie eine Übersicht, welche Träger welche freien Plätze anbieten.

Mit der Schwimmabteilung der SG Welper, hatte Thomas Dorndorf-Blömer (SPD) argumentiert, könnten nur Mitglieder fahren. Er fand, „der Brief hat seine Berechtigung“, und konnte „die Besorgnis des Kinderschutzbunds verstehen“. Schließlich seien mit dem Jugendferienwerk 2007 91, 2009 96 und 2010 72 Teilnehmer gefahren. Auch Barbara Niemann (CDU) interessierte, ob Kinder nicht wegfahren konnten, und vermisste im vorigen Jahr für ihre Kinder eine Stelle, „wo ich anrufen kann. Und ich bin kein Härtefall und krieg selten Sozialarbeiter nach Hause“. Von den 72 Teilnehmern, die 2010 mit dem Jugendferienwerk wegfuhren, bekamen 45 einen Zuschuss, die anderen zahlten den Betrag selbst, erklärte Norbert Dikomey, Leiter der Abteilung Jugendförderung der Stadt. Und versicherte, diese bleibe Ansprechpartner, schaue mit Familien gemeinsam am ­Computer, welche Möglichkeiten es gibt. Jede anerkannte Freizeit könne bezuschusst werden.

Ausschussvorsitzende Sabine Radtke, an die der offene Brief gerichtet war, hatte ihn so aufgefasst, dass das Thema dem Kinderschutzbund so wichtig sei, dass es nicht unter den Tisch fällt, sondern als Angebot für Hattinger Familien öffentlich diskutiert wird.