Hattingen. Kerstin Mathiak wanderte nach ihrer Heilung vom Brustkrebs 740 Kilometer – und sammelte wieder Kraft und Hoffnung.
„Ich habe unglaublich viel Ruhe, Kraft und Energie getankt“, fasst Kerstin Mathiak ihre Erfahrungen beim Wandern auf dem Jakobsweg zusammen. 15 Monate nach ihrer Brustkrebs-Diagnose begann die heute 42-Jährige ihre Wanderung durch Frankreich und Spanien bis zum Grab des Apostels Jakobus in Santiago de Compostela in Galicien.
„Ich wollte auf dem Jakobsweg einerseits meine alte Kraft wiedererlangen – mental und körperlich“, erzählt die Hattingerin nachdenklich, „andererseits wollte ich die Krankheit verarbeiten, denn auch die Psyche leidet.“
Nachdem sie die Krankheit besiegt hat, fliegt die 42-Jährige gemeinsam mit anderen Brustkrebs-Patientinnen nach Frankreich, um den Jakobsweg zu bezwingen. Sechs Wochen ist Mathiak unterwegs, läuft von Frankreich aus über die Pyrenäen durch Nordspanien – 740 Kilometer legt sie insgesamt zu Fuß zurück, 60 weitere Kilometer fährt sie mit Bus und Taxi.
Teilweise ist Mathiak acht Stunden am Tag unterwegs, läuft bis zu 30 Kilometer. „Ich hatte Blasen an den Füßen, musste sie immer wieder verbinden“, erinnert sie sich an die Strapazen der Strecke. „Der Jakobsweg ist eine echte Herausforderung mit Blut und Schweiß.“
Trotzdem ist die Leiterin der Sparkassen-Zweigstelle in Bredenscheid glücklich über diese Erfahrung: „Man muss seinen Körper fordern und mehr machen als die Medizin empfiehlt.“ Denn: „Beim Jakobsweg geht es um Entschleunigung und nicht darum, schnell zu laufen.“
Die Wanderung sei ein meditatives wie körperliches Gesamtpaket gewesen. „Nach den ersten fünf Tagen hat sich unsere Gruppe aufgelöst, jeder wanderte für sich. Auch ich war tagsüber allein unterwegs – das tat sehr gut.“
In den zahlreichen Herbergen entlang des Pilgerweges habe sie viele Menschen kennengelernt, berichtet Kerstin Mathiak und freut sich, noch heute zu einigen Kontakt zu haben. Die 42-Jährige ist stolz. „Man glaubt immer, man schafft etwas nicht, aber es ist unglaublich, wie viel der eigene Körper leisten kann“, beschreibt sie ihre Erfahrung und rät: „Besonders nach einer schweren Krankheit muss der Körper gefordert werden.“
Aus diesem Grund bewegt sich Kerstin Mathiak viel. „Jetzt vergeht kein Tag mehr, an dem ich nicht eine halbe Stunde an der frischen Luft bin und mich bewege“, erzählt die 42-Jährige und lacht.
Auch die Urlaube verbringe sie heute mit Wanderungen oder Bergsteigen. Es sei bewiesen, dass Langzeit-Wanderungen eine positive Wirkung auf Geist und Körper haben. Über ihre rund 800 Kilometer lange Jakobsweg-Strecke würde Kerstin Mathiak jedoch trotz ihrer positiven Erfahrungen nicht noch einmal wandern: „Diesen Weg möchte ich so nie wieder gehen, denn diese Einmaligkeit möchte ich mir so erhalten.“