Hattingen. Ab dem nächsten Jahr soll das Spiel der Könige den Kindern im Ennepe-Ruhr-Kreis bei ihrer Entwicklung helfen.

In Kindergärten wird vielleicht „Räuber und Gendarm“ oder „Mensch ärgere dich nicht“ gespielt – aber Schach? Das Spiel der Könige in kleinen Kinderhänden? Was vielleicht in den Ohren von vielen Müttern und Vätern noch exotisch klingt, soll 2012 auf freiwilliger Basis möglichst flächendeckend im Ennepe-Ruhr-Kreis eingeführt werden.

„Kein Problem“, sieht der Hattinger Ralf Schreiber, Initiator der Aktion „Schach für Kids“ darin, selbst Dreijährigen das komplizierte Spiel beizubringen. Und die Mädchen und Jungen in der Kindertagesstätte „Kleiner Häwelmann“ in Schwelm geben ihm lautstark und begeistert recht. Sie sitzen vor den Brettern, die nicht im strengen Schwarz und Weiß wie bei den Erwachsenen gehalten sind – sie leuchten in bunten Farben.

Schreiber hat einst seiner Tochter Sarah das Spiel im Alter von zweieinhalb Jahren mit bunten Smarties beigebracht. Danach bemerkte er, dass sein Kind vorausschauender und logischer zu denken begann. Dass Schach die Entwicklung von Kindern fördert, wurde bei einem Feldversuch im EN-Kreis wissenschaftlich bewiesen (wir berichteten).

„Dabei geht es nicht darum, leistungsorientiert zu spielen. Die kleinen Kinder wollen gar nicht unbedingt gewinnen. Sie zeigen ihren Spielkameraden auch, welchen Zug sie machen müssen, um zu siegen. Diese Einstellung ändert sich nach dem Kindergarten allerdings schnell“, sagt Schreiber.

Um aus dem Feldversuch eine Dauereinrichtung zu machen, wurde vor allen Dingen Geld gebraucht. Und deshalb haben sich viele Sponsoren gefunden, um dem Spiel der Könige den Weg in die Kindergärten zu öffnen. Alle Sparkassen im Ennepe-Ruhr-Kreis gehören dazu, auch der Energieversorger AVU und die Stadtwerke in Hattingen und Witten. Sie machen es möglich, dass jeder Kindereinrichtung im Ennepe-Ruhr-Kreis im nächsten Jahr vier Spiele und Begleitmaterial zur Verfügung gestellt werden können. Außerdem werden Seminare für Erzieher durchgeführt. Das Schachspiel muss dafür niemand beherrschen. „Im Gegenteil, das ist eher hinderlich“, meint Schreiber. Schließlich solle das Spiel mit neuen pädagogischen Methoden beigebracht werden.

Dass man nicht früh genug mit dem Spiel beginnen kann, davon ist auch die Deutsche Schachmeisterin Sarah Hoolt überzeugt: „Ich habe im Alter von sechs Jahren mit dem Schach begonnen. Heute wäre es mir lieber, ich hätte früher damit angefangen.“ Nicht nur die Karriere am Brett hat die 23-Jährige dem Spiel zu verdanken: „Ich merke auch in meinem Studium, dass ich mich besser konzentrieren und schneller lernen kann als andere.“ Hoolt hat die Patenschaft über „Schach für Kids“ übernommen. Schirmherr ist Landrat Arnim Brux, der selbst kaum Zeit für das Spiel hat: „Ich halte es allerdings für eine hervorragende pädagogische Maßnahme, was hier in den Kindergärten passiert.“