Hattingen. . Skulptur hat Lkw des Sohns und Eimer im Bauch. Nicht mehr Wahrgenommenes reizt Stephan Marienfeld

Die Ausgangssituation: Über 400 Werke und 100 Künstler, die alle um „Zusammenhalt“ ringen. Das Thema am besten zusammengehalten haben drei Preisträger, die jetzt den neuen Kunstpreis Ennepe-Ruhr ergatterten. Der dritte Platz und 1000 Euro gingen an den Hattinger Stephan Marienfeld.

„Ich habe mich sehr gefreut“, sagt der 44-Jährige. „Die Preisverleihung war sehr schön, die Rede klasse.“ Freuen würde sich der Bildhauer, wenn der Preis in zwei Jahren wieder vergeben würde. „Man muss sehen, was daraus wird.“

Was daraus geworden ist, sieht man auf einen Blick beim Betrachten der Skulptur „Unbekannte“. Auch wenn mancher vielleicht auf den ersten Blick mit der Form nicht recht etwas anzufangen weiß. Irgendwie zerbeult sieht sie aus, aus der Form geraten. Was am Innenleben liegt aus Fundstücken und Holz, die Polyester und Lack zusammenhalten und dem Werk ein strahlend weißes, neues Aussehen verpassen. Manche Zahnpastatube mag ähnlich skurril aussehen. Doch die Paste drin ist kein Geheimnis. Die Skulptur dagegen birgt viele.

Unscheinbares, nicht mehr Wahrgenommenes macht Marienfeld neugierig und lässt ihn zum Verpackungskünstler werden, der neue Hybridformen erschafft, Dinge sammelt und sie verbindet. Die Neugier von Betrachtern befriedigt er gern, freut sich, wenn Ausstellungsbesucher nachfragen. Und lüftet bereitwillig Geheimnisse.

„Ich rede gern über meine Arbeit“, versichert der Preisträger. „Manches bedarf doch der Klärung“, erfährt er in Gesprächen. Denn was für den Bildhauer klar und einfach durch die Form ist, ist es längst nicht für jeden. Kommentare wie „Das könnte man selbst machen“, kennt er. Doch das Tun sei nicht das Problem. „Da steckt eine Idee dahinter.“ So könnte auch jeder denken, er könnte „ein Auto bauen. Aber einer hat es erfunden“.

Kein Auto, sondern ein Lkw seines inzwischen neun Jahre alten Sohnes Leo steckt im Bauch der Unbekannten. Vermisst hat der Filius das Spielzeug nicht, sich nicht mehr damit beschäftigt. Auch was im Atelier so herumsteht, alte Eimer oder Kaffeedosen, findet Verwendung. „Ich heb‘ nicht alles auf“, stellt Marienfeld klar, „aber manchmal kommt doch einiges zusammen“.

Der Bildhauer schaut sich auch schon mal draußen um, etwa beim Sperrmüll. „Das hört sich jetzt blöde an. Nicht dass die Leute denken, der sammelt Müll und baut Quatsch.“ Wenn er allerdings über einen interessanten Stuhl aus den 70ern stolpert, auf dem sich nicht mehr sitzen lässt, wird das ausrangierte Möbel zum Teil seiner Arbeit und stützt die Liegende.

Dass manche sich wundern, was Kunst kosten kann, wundert wiederum Marienfeld. „Keiner geht hin und stellt sofort in Galerien aus.“ Dahinter stecke eine Entwicklung, auch Tiefschläge. Eher erfreulich findet er, wenn Künstler nicht immer „die Letzten in der Ernährungskette“ sind, sich durchschlagen müssen. „Zusammenhalt“ könnte wohl auch die Gesellschaft vertragen.

Marienfeld konnte erst kaum glauben, dass die Weihnachtsbäckerei ausfallen sollte. Das gemeinsame Backen hält er für wichtig für die Kinder, die es ohne solche Angebote nicht kennenlernen. Viele Familien würden nicht mehr kochen. „Meine Frau ist die große Ausnahme.“