Hattingen.

Die Herzen der Familie Thamm schlagen seit Jahren für die Bochumer. Alexander hat sogar jahrelang für den Verein gespielt.

Am Anfang stand die Fußball-Leidenschaft von Alexander Thamm, der heute 28 Jahre alt ist. Als Neunjähriger wechselte der talentierte Nachwuchsspieler von der DJK Märkisch Hattingen zum großen VfL Bochum. Er selbst war schon vorher VfL-Anhänger, aber in der Folge erfasste das Virus die gesamte Familie – einen nach dem anderen.

Zuerst war es Papa Rudi Thamm, der seinen Sohn immer zu den Spielen begleitete. Bis es die anderen richtig packte, dauerte es noch. Bruder Christian (29) war der nächste, der infiziert wurde. Auch er verbrachte ein Jahr in der Jugend des VfL, aber hier liegt seine spätere Leidenschaft nicht begründet.

„Ganz früher war ich sogar Dortmund-Fan“, sagt Christian Thamm beinahe ungläubig. Er fiebert seit ungefähr zehn Jahren heftig mit dem VfL, der bei vielen anderen eher das Image einer „grauen Maus“ hat. Es war ein Spiel gegen den VfB Stuttgart, das bei ihm einen bleibenden Eindruck hinterließ. „Gleich ein Sieg im ersten Spiel – selten genug“, sagt Thamm mit einem Lachen. Er hat kein Problem mit dem „Nischendasein“ seines Vereins, wie er es nennt. „Hier ist es nicht wie bei Dortmund und Schalke, die mit Millionen Schulden über ihre Verhältnisse leben.“ Deswegen gebe es in Bochum auch kaum Modefans, die nur kommen, wenn der Erfolg da ist. „Die Leute, die dahin kommen, haben wirklich Bock darauf.“ Den Preis dafür – weitgehende Erfolglosigkeit auf dem höchsten sportlichen Niveau und Aufenthalte in der zweiten Liga – zahlt Thamm gerne. „Wir feiern halt Siege über Schalke oder Dortmund wie Meisterschaften.“

Von Christian Thamm sprang das Virus über auf Mutter Monika (61). Sie erinnert sich noch gut an ihren ersten Stadionbesuch mit Christian: „Irgendwann hieß es: ‚Mutter, willst du nicht mal mit zu den Profis?‘ Und so bin ich dann mit der Straßenbahn und einem Fläschchen Fiege mitgefahren.“ Und da war es auch um sie geschehen.

Hin und wieder war es für sie hart in der Folgezeit, denn Sohn Alexander entwuchs der Jugend und sah sich nach drei Einsätzen bei den Profis (2002/2003 und 2004/2005) und mehreren Spielzeiten bei den Amateuren nach neuen sportlichen Wegen um. Und landete dabei unter anderem auch auf Schalke. „Da musste ich mich erst mal in den Sessel setzen, und die Tränen liefen. Aber er hat mir das dann so erklärt: ‚Mama, meine Beine laufen für Schalke, aber mein Herz schlägt weiter für Bochum.‘“ Und so konnte dann auch die Mama damit leben. Das konnte sie auch, als der Sohn zu einem anderen traditionsreichen Ruhrgebietsverein wechselte, zu Rot-Weiß Essen. Allerdings waren die Spiele oft zeitgleich zu Bochumer Partien. „Da hat er mir verboten, nach Essen zu kommen, wenn der VfL gleichzeitig spielte“, sagt Monika Thamm. Denn die Familie musste schließlich auch den VfL anfeuern.

Heute spielt Alexander Thamm beim NRW-Ligisten Rot-Weiß Ahlen, und damit hat nun niemand ein Problem. Aber er selbst hatte das auch nicht bei Schalke oder Essen, obwohl er immer dazu stand, ein VfL-Fan zu sein. „Das war da aber auch nie wirklich ein Thema. Die Fans rivalisieren, aber unter den Vereinen versteht man sich.“