Hattingen.

Der Todesfall auf der Gorch Fock wird zum Politikum. Der Hattinger Werner Troike war bei der Marine und auf dem Schiff. Er erinnert sich an die strenge Ausbildung, betont aber , dass jeder freiwillig auf dem Schiff ist.

Die Gorch Fock ist stillgelegt, der Kapitän abberufen: Der Unglücksfall auf dem Bundeswehr-Ausbildungsschiff, bei dem im Dezember eine 25-jährige Offiziersanwärterin ums Leben kam, entwickelt sich zum Politikum. An Bord soll es zur Meuterei gekommen sein. Der Todesfall sei tragisch, Meuterei aber kaum vorstellbar, sagt der Hattinger Werner Troike, der 1978 drei Monate an Bord des Schiffes war.

Die junge Frau ist beim Besteigen eines Segelmastes abgestürzt und dabei zu Tode gekommen. Werner Troike (heute 54), der es bei der Marine bis zum Obermaat gebracht hat, erinnert sich: „Die Unfallgefahr beim sogenannten Aufentern ist sehr hoch. Erst auf den Querstegen am Mast ist eine Sicherung möglich – in etwa 15 Metern Höhe. Der gesamte Höhe des Mastes beläuft sich auf etwa 40 bis 45 Meter.“

„Man lernt fürs Leben“

Wert legt Troike immer wieder auf die Tatsache, dass „alles an Bord auf freiwilliger Basis“, geschieht. „Man wird zu nichts gezwungen. Und entweder man ist schwindelfrei, oder man bekommt eine Aufgabe an Deck.“ Dann der Vorwurf der Meuterei: „Da sind wohl ein paar Emotionen hochgekocht. So ein Todesfall belastet doch die ganze Mannschaft. Aber es muss auch jedem klar sein, dass es danach weitergeht, vor allem auf See.“

Troike kann aber auch die Aussagen von Kapitän Norbert Schatz nachvollziehen, der die Kadetten für „verweichlicht“ hält. „Der Todesfall war dann wohl zu viel.“ Denn auch ohne Unfälle sei die Gorch Fock gewiss nicht jedermanns Sache. Tagsüber lernen die Kadetten das seemännische Handwerk, zum Beispiel die Navigation auf See, nachts steht die Seewache an. „Man bekommt nur wenig Schlaf. Drei Stunden sind es pro Tag – wenn’s hoch kommt. „Bei fünf Minuten Ruhe fallen einem im stehen die Augen zu.“ Geweckt werden die Kadetten um 5.25 Uhr. „Fünf Minuten später hatten wir mit unserer zusammengerollten Hängematte, in der wir geschlafen haben, an Deck zu sein – in Unterhose und freiem Oberkörper, bei Wind und Wetter.“ Das ginge aber heute nicht mehr, sagt Troike. „Es sind ja inzwischen auch Frauen an Bord.“ Privatsphäre gab es keine. „Die einzige abschließbare Tür war die zur Toilette.“ Doch auf den Gedanken, derartige Verhältnisse als unmenschlich zu bezeichnen, kommt Werner Troike nicht. Wieder betont er: „Es ist jeder freiwillig an Bord. Und die Offiziere sind ja für die Kadetten verantwortlich. Man wird jedoch an seine Belastungsgrenze herangeführt.“ Freizeit gibt’s nur, wenn die Gorch Fock einen Hafen anfährt. „Da wird man für alles entschädigt. Die meiste Zeit, in der das Schiff unterwegs ist, liegt es nämlich im Hafen.“

Troike startete mit der Gorch Fock in Kiel, fuhr dann um Skandinavien herum, an der Atlantikküste entlang nach Portugal in den Zielhafen Faro. „Jetzt war sie in Südamerika. Also werden die schon ein Jahr lang unterwegs gewesen sein.“

Auch er würde sich noch einmal in dieses grenzwertige Abenteuer stürzen. „Man lernt fürs Leben.“ Bestanden hat er die Ausbildung ebenfalls „Und darauf ist man doch stolz.“