Hattingen.

Die Wechselausstellungen: ein Aushängeschild mit Glanz und Schatten.

Im nunmehr zehnten Jahr seines Bestehens erwartet das Stadtmuseum als ersten Gratulanten einen Mann aus dem Eis. Bei der ersten von vier für 2011 geplanten Wechselausstellungen dreht sich vom 15. Januar bis zum 13. März alles um „Ötzi“. Dem Gemeinschaftsprojekt mit dem Neandertal Museum Mettmann folgen im Frühjahr Fotografien der Wanderausstellung „RuhrBlicke 2011“, im Spätsommer Einblicke in die Kulturgeschichte des Hutes, im Herbst ein Treffen mit Harald Siepermann, dem in Hattingen geboren Zeichner, der durch Hermann van Veen bekannt gewordenen Comic-Figur Alfred J. Kwak.

Als „ebenso abwechslungsreich wie herausragend“ stellt Petra Kamburg das Jubiläumsprogramm heraus. Und ist froh, den kulturellen Reigen unter Dach und Fach zu haben. Denn im Kulturalltag weht der Museumsleiterin der raue Wind des Sparzwangs heftig ins Gesicht. Zu den Vorstößen der CDU, den Kulturstandort in Blankenstein inhaltlich zu stutzen und personell zu beerdigen, möchte sich Kamburg nicht äußern. Wenn das Geld knapp ist, hätten es freiwillige Leistungen wie Kultur nun einmal schwer.

Das hat es das Stadtmuseum übrigens auch ohne die CDU. Massiv drückt die Stadt 2011 den Etat nach unten. Konnte Kamburg im vergangenen Jahr bei 8000 Euro selbst eingeworbener Sponsorenmittel und Zuschüsse noch mit 36 000 Euro aus der Stadtkasse rechnen, so erhält sie in diesem Jahr 20 000 Euro nur dann, wenn sie 22 000 Euro selbst beschafft. Eine Hausnummer in Zeiten, in denen das Geld nirgendwo mehr locker sitzt.

Womit wir bei Colmar Schulte-Goltz wären. Der Essener Galerist steht seit 2003 fest an Petra Kamburgs Seite, wenn es um Wechselausstellungen im Stadtmuseum geht. Dreizehnmal in acht Jahren haben Künstler, die bei Schulte-Goltz unter Vertrag stehen, ihre Werke in Hattingen gezeigt.

Zeigen dürfen, sagen Kritiker, die eine solche Fokussierung für schädlich bis gefährlich halten. Eine derart starke Präsenz biete dem Essener Galeristen in Blankenstein quasi einen kostenlosen Ausstellungsraum, die Vita seiner Schützlinge werde mit den Auftritten inklusive geldwerter Vorteile geadelt und als Kurator erhalte Schulte-Goltz obendrein noch Honorare.

Öffentliche Subventionen für einen privaten Galeristen? Petra Kamburg sieht das anders. Mit Colmar Schulte-Goltz hole sie gute Qualität zu günstigen Preisen nach Hattingen, sagt die Museumsleiterin. „Natürlich zahlen wir für solche Ausstellungen Logistik, Versicherungen und auch mal einen Katalog. Die jungen Künstler bekommen dagegen nichts, liefern dafür aber erfrischende und vor allem gegenständliche Gegenwartskunst ab, die genau in unser Konzept passt.“ Tradition und Moderne – ein Leitbild für die ganze Stadt – trifft sich im Museum im Dialog zwischen alter Heimat und neuer Kunst.

Durch solche „kleinen Einkäufe“, betont Kamburg, könne sich das Stadtmuseum jährlich eine „große Ausstellung“ überhaupt leisten. Bauhaus, Uecker, Immendorff, Mack – dies alles sei im Konzert der Wechselausstellungen nur möglich, wenn die anderen wenig kosten. Und überhaupt: „In zehn Jahren haben wir Ausstellungen mit 20 verschiedenen Partnern realisiert“, sagt Petra Kamburg. „Vielfalt ist da. Ich würde auch wieder mit Colmar Schulte-Goltz zusammenarbeiten.“


Kommentar: Ein Bad im Museum

eht der Schnee, kommt das Schlagloch. In den nächsten Tagen werden sie wieder fluchen, die Autofahrer. Und rechnen: Dafür ist kein Geld da. Aber für . . .

Kultur zum Beispiel? Als Aufreger in Zeiten des Aufrechnens hat die Kunst Konjunktur. Um Missverständnisse zu vermeiden: Natürlich darf man übers Morandini-Tor diskutieren, wenn zeitgleich Sozialarbeiter im Haus der Jugend fehlen.

Wer fair ist, nimmt allerdings zumindest zur Kenntnis: 2010 hat die Stadt Hattingen 6,6 Millionen Euro für „Hilfe zur Erziehung“ ausgegeben. 858 000 Euro flossen in den reinen Kulturbereich mit Kulturbüro, Altstadtfest, Denkmalschutz und Stadtmuseum.

Womit wir in Blankenstein wären. Das Stadtmuseum ist mit kargem Budget unterwegs. 20 000 Euro will die Stadt 2011 zuschießen. Und das auch nur, wenn das Haus selbst 22 000 Euro bei Sponsoren einwirbt. 2,5 Planstellen gibt es, wobei eine davon 2013 an die VHS abgegeben wird.

Man kann die Arbeit des Museums gut oder schlecht finden. Wie viel das Haus bei dieser personellen und finanziellen Ausstattung anbietet, sollte allerdings anerkannt werden. Und, ja, es gibt Hattinger, die sich freuen, wenn sie einen Mack oder Immendorff in ihrer Stadt sehen können.

Wer in Museen badet, aktiviert den Geist, heißt es. Darüber sollte die CDU einmal nachdenken. Eine Heimatstube ist kein Museum. Gerade die Wechselausstellungen bringen Leben in ein Haus, das mir rund 400 Veranstaltungen im Jahr als akzeptierter Kulturstandort gelten darf. Gelten muss. Ulrich Laibacher