Hattingen.
Mehr Befürworter als nötig für Modellversuch in Holthausen. Auswirkungen auf den Schulentwicklungsplan.
„Das Anmeldeergebnis liegt uns vor. Grob gesagt rechtfertigt es aus Sicht der Verwaltung eine Zustimmung zur Gemeinschaftsschule“, sagt Bernd Hochstrate, stellvertretender Fachbereichsleiter bei der Stadt für Jugend, Schule und Sport. Von 654 befragten Eltern haben sich 42 Prozent für die neue Schulform ausgesprochen und 58 dagegen.
Das Ergebnis der Elternbefragung hat die Stadt überrascht. „Das haben wir so nicht erwartet“, sagt Hochstrate. Nach Sprockhövel hat auch Hattingen die Stimmen ausgezählt. Und das Votum, sich auf einen Modellversuch mit der neuen Schulform einzulassen, fällt noch deutlicher aus als in der Nachbarstadt, fasst Hochstrate zusammen.
Befürchtungen, es könnte keine Stadt zum Zug kommen, weil man sich gegenseitig das Wasser abgräbt und Schüler abzieht, haben sich als unbegründet erwiesen. Sie waren gewissermaßen halbherzig, weil hier gleich ein Doppelherz schlägt für die Gemeinschaftsschule.
Jürgen Ernst, Leiter der Marie-Curie-Realschule, der schon gespannt auf die Zahlen gewartet hat, freut sich, dass Eltern die Chance erkannt haben, die die neue Schulform beinhaltet und die Möglichkeiten erkannt haben, die sie bietet. Er befürchtet nicht, dass nur eine Stadt zum Zug kommen könnte.
Seiner Meinung nach haben viele Eltern die Entscheidung bewusst getroffen und wissen, was auf sie zukommt. Davon haben ihn Gespräche am Informationsabend und beim Tag der offenen Tür überzeugt.
Die Stadt Hattingen hatte insgesamt 917 Fragebögen verschickt an die Eltern von Viert- und Drittklässlern. 673 kamen zurück. Ein gutes Ergebnis, so Hochstrate. Davon waren 19 ungültig. 654 bilden nun die Grundlage für den Elternwillen.
275 von ihnen befürworten die Gemeinschaftsschule, nötig sind 92. 379 sind dagegen. Was die Rechnung kompliziert macht: Mütter und Väter haben nicht einfach mit Ja oder Nein geantwortet. Zumindest nicht alle. Zusätzlich gab es Kategorien für die Unentschlossenen. Eindeutig mit Ja haben sich 88 Eltern ausgesprochen, eindeutig dagegen waren 142. Während 187 der Befragten eher dafür waren, 237 eher dagegen. Dass die Zahlen so zugeschlagen werden können, wie Hattingen es getan hat, davon hat sich die Verwaltung beim Ministerium überzeugt.
„Jetzt müssen wir die Konsequenzen ziehen“, erklärt Hochstrate. Soll heißen: Die bisher nicht vorhandene Schulform in die Planung einbeziehen. „Niemandsland für alle“ werde betreten. Bisher lief Schulentwicklungsplanung ohne Gemeinschaftsschule. Jetzt müsse man sich Gedanken machen, welche Auswirkungen das hat, an welchen weiterführenden Schulen die Kinder dann fehlen. An der Hauptschule mit 13, 14 Anmeldungen seien nicht viele Schüler abzuziehen.
Kommentar: Es bleibt spannend
ie Zahlen sprechen für sich. Das Votum der Eltern ist eindeutig, sieht man über zweideutige Möglichkeiten hinweg, sich für oder gegen die Gemeinschaftsschule auszusprechen. Das Jein zwischen Ja und Nein bot hier sogar zwei Möglichkeiten mit eher ja und eher nein zwischen den Optionen, sich „ganz bestimmt“ oder „bestimmt nicht“ für die Gemeinschaftsschule zu entscheiden.
In Hattingen sind mehr Eltern dafür als nötig. Und die Stadt steht nicht allein mit dieser Weichenstellung. Auch Bochumer Eltern wollen eine Gemeinschaftsschule. Noch spannender ist der entsprechende Wunsch in Sprockhövel. Realschüler und Gymnasiasten von dort steuern Hattingen an. Wo und in welcher Zahl würden sie künftig an den weiterführenden Schulen hier fehlen? Spannend bleibt auch die Frage, ob das Land, den politischen Willen vorausgesetzt, beide Modellversuche genehmigen würde mit der Hauptschule in Sprockhövel als Ausgangspunkt und Marie Curie, angedockt ans Gymnasium im Schulzentrum. Brigitte Ulitschka