Hattingen. .
Mit dem Regierungsstart in Düsseldorf will auch Hattingens einziger Landtagsabgeordneter Rainer Bovermann neu starten.
Mit Studiengebühren kennt Rainer Bovermann sich aus. Zeitgeist-Anekdoten inbegriffen. Früher hätten Studierenden Prüfungen gerne nach hinten geschoben, um sich besser vorzubereiten, so der Professor für Politikwissenschaften an der Fakultät für Sozialwissenschaft der Ruhr-Universität Bochum. Heute würden viele um zeitnahe Termine bitten, unbedingt vor Beginn des neuen Semesters. „Aus purer Geldnot wegen der Studiengebühren”, weiß der Wissenschaftler. Zügig zu studieren, sei in Ordnung. Aus finanziellen Gründen gar nicht erst beginnen zu können oder zeitgleich mehrere Jobs stemmen zu müssen, sei nicht in Ordnung. Und dies will der SPD-Landtagsabgeordnete Rainer Bovermann (52) nun ändern.
Mit dem Regierungsstart der rot-grünen Koalition in NRW ist der Hattinger Sozialdemokrat zufrieden. „Wir haben viel auf den Weg gebracht, Fehler von CDU und FDP zurückgenommen”, sagt Bovermann. Und nennt: Wiederabschaffung der Kopfnoten, Rückkehr zum Elternwillen statt Grundschulgutachten, Wiedereinführung der Grundschulbezirke, der paritätischen Besetzung der Schulkonferenz.
Bei den Studiengebühren sei man klar positioniert, aber ohne die Linken gehe es nicht. Andere Themen habe man als politisches Angebot formuliert – die frühkindliche Bildung etwa oder die Schulsystemfrage. „Die Mehrheitsverhältnisse im Landtag sind eben nicht eindeutig”, sagt Bovermann. „Es ist die Zeit kleiner Schritte, nicht großer Visionen.”
Apropos Visionen. Rainer Bovermann selbst sieht sich im neuen Landtag in der „zweiten Schulklasse”. Es ist seine zweite Legislaturperiode. Und der zweite Komplett-Umbruch. Nach 39 Jahren SPD-Vorherrschaft in NRW schickte das Wahlergebnis 2005 den Neuling Bovermann in die Opposition. Es gebe glücklichere Startbedingungen, seinen Weg zu suchen, seinen Platz finden, sagt der Welperaner SPD-Mann. Glück im Unglück: Im Schulausschuss fand der Universitätsprofessor eine Heimat, konnte Beruf und Mandat verbinden.
Dann kam der 9. Mai 2010. Und wieder war alles anders: Personell wurde die SPD-Fraktion ein zweites Mal durcheinandergewirbelt. 61 von 67 Mandaten holte man direkt. Viele Listenkandidaten schafften es nicht mehr. Strategisch lockte die Regierungsbank. So viel Wechsel war selten. Da ist Rainer Bovermann froh, dass ihm der Schulausschuss erhalten bleibt. Der Wissenschafts- sowie der Haupt- und Medienausschuss (dort ist er Sprecher der SPD) kommen hinzu.
„Das passt schon”, sagt der Politikwissenschaftler und Schulpolitiker. Seine erste Hausaufgabe: der neue Stundenplan. Die Sitzungstage liegen anders. Regierungsfraktionen haben Präsenzpflicht, damit Abstimmungsniederlagen vermieden werden. An der Uni möchte Bovermann weiter präsent sein. Und natürlich im Wahlkreis: „Den Montag werde ich für Hattingen und die drei anderen Städte retten.” Und auch dies hat der 52-Jährige seit dem 9. Mai festgestellt: Wer am Ruder ist, wird angesprochen. Bitten, Wünsche und Beschwerden würden jetzt viel öfter an ihn adressiert - gerne in Gesprächen und Telefonaten.
Und die Lokalpolitik? Da will der Hattinger SPD-Parteichef ebenfalls Flagge zeigen. Vor allem, wen wundert’s, in der Schulpolitik. So hat die Stadt-SPD eine Projektgruppe für Gemeinschaftsschulen eingerichtet. Will informieren, diskutieren, im Rat überzeugen. „Es muss andere Antworten geben als die Abschaffung von Hauptschulen”, wird Bovermann konkret.
Der Hattinger in Düsseldorf - manchmal ist er auch ein Düsseldorfer in Hattingen.