Hattingen. .

Klaus Tenfelde und Thomas Urban haben ein historisches Lesebuch des Reviers herausgegeben.

„Das Ruhrgebiet ist nicht von Fürsten, es ist von Menschen der Moderne ,gemacht’ worden, von Unternehmern und Arbeitern.“ Die Geschichte dieser Region, ihre Verknüpfung mit der Montanindustrie, mit Kohle und Stahl, ist schon öfter erzählt worden.

Statt die Geschichte noch einmal zu erzählen, lassen Klaus Tenfelde und Thomas Urban das Ruhrgebiet selbst erzählen. Die Historiker haben mit „Das Ruhrgebiet – Ein historisches Lesebuch“, eine umfangreiche Sammlung zusammengestellt.

Zwei Bände umfasst das Werk, mit Geschichten aus beinahe 1200 Jahren. Von der Alten Welt über die Frühindustrialisierung, die Industrielle Revolution, die beiden Weltkriege bis zum Niedergang der Schwerindustrie und der Kulturhauptstadt haben die Autoren Quellen zusammengetragen. Auf 1106 Seiten. Das Lesebuch ist ein echter Wälzer, den man wohl kaum von vorne bis hinten durchlesen wird.

Das muss man auch nicht. Rosinenpicken ist bei diesem Buch erlaubt. Wer sich für historische Quellen interessiert, wird sich freuen zu lesen, was Altfrid, Bischof von Münster und Abt von Werden, im 9. Jahrhundert über das Leben des heiligen Liudger zu berichten wusste. Stinnes, Haniel, Mallinckrodt – Familien, die diese Region geprägt haben, kommen in Band 1 zu Wort. Wer es lieber bunt mag, wird das Lesebuch allerdings schnell wieder aus der Hand legen. Bis auf zwei Landkarten gibt es keine Bilder.

Die Geschichte des Ruhrgebiets wäre natürlich ohne Hattinger Beteiligung nicht zu erzählen. Und so trifft der Leser an mancher Stelle auf vertraute Namen. Zum Beispiel auf Seite 937 im zweiten Band. „Eigentum verpflichtet – Rede eines Pfarrers in Hattingen 1988“ ist die Geschichte betitelt. Es war der 2005 verstorbene Pfarrer Klaus Sombrowski, der als Sprecher des Bürgekomitees „Hattingen muss leben“ im Kampf um die Arbeitsplätze auf der Henrichshütte ans Mikrofon ging. In einer emotionalen Rede prangerte er die Entscheidung des Thyssen-Konzerns an, 2900 Menschen zu entlassen. „Alle Bürger Hattingens stehen fest an der Seite der Arbeiter und Angestellten der Thyssen-Hütte, die um ihre Zukunft und damit zugleich für die Zukunft dieser Stadt kämpfen“, sagte er damals. Wie der Kampf damals verloren wurde, daran erinnern sich wohl die meisten Hattinger über 30. Ein Stück lebendige Geschichte.

„Das Ruhrgebiet“ ist im Klartext-Verlag erschienen, zwei Bände in einem festen Pappschuber für 44 Euro.