Hattingen.

Im Jahr 1965 teilte die Leitung mit, dass die Zeche am Ende ist. Bis dahin herrschte ein gutes Klima unter den Kumpeln.

Man könnte annehmen, dass Hattingens Industriegeschichte nur aus Pleiten, Pech und Pannen bestünde. Nun, wenn dem so wäre, gäbe es heute wohl keinen einzigen Arbeitsplatz mehr in der Stadt. Aber nicht immer führten Misswirtschaft oder schlechte Konjunkturlagen zu Stilllegungen und Massenentlassungen.

Am Beispiel der letzten bedeutenden Hattinger Zeche wird deutlich, dass selbst beste Aussichten nicht vor dem Zusammenbruch schützen. Das Bergwerk Aurora aus Holthausen würde wohl heute noch Kohle fördern, wenn es nicht durch das Überangebot an Kohle und den damit einhergehenden Preisverfall in Schieflage geraten wäre. Am 28. März 1965 teilte die Zechenleitung ihren Arbeitern mit, dass Aurora am Ende ist. 1,5 Millionen Euro fehlten, um den Betrieb zu erhalten. Nachdem Übernahme-Verhandlungen mit einen Lünener Bergwerk scheiterten, war Aurora endgültig Bankrott. Mehr als zehn Millionen Tonnen abbaufähiger Kohle (so die Schätzung) liegen noch immer unter Holthausens Straßen, Wäldern und Weiden. Diese Menge würde ausreichen, um knapp 100 Jahre lang von den Vorräten zehren zu können. Als Aurora Ende 1939 wieder zum Leben erweckt wurde (schon im Jahr 1834 lagen Abbaurechte vor), waren die Zahlen bescheiden. Die Experten gingen von drei Millionen Tonnen Kohle aus, die Mächtigkeit der Flöze schätzten sie auf etwa 80 Zentimeter. Auch diese Zahl wurde deutlich übertroffen. In Schacht V wurden Schichten von 1,50-1,60 Metern entdeckt. Aber die meisten Prognosen vernachlässigten ein großes Problem: das schwierige Gelände. Daran denkt Kurt Hesse heute noch ungern zurück. Der heute 84 Jahre alte ehemalige Hauer legte 1960 auf Aurora an. Zuvor war er auf der Baaker Mulde beschäftigt. Er verließ den Lindener Pütt, weil dieser damals die Förderung einstellte.

Fünf Jahre später sollte ihn dasselbe Schicksal nochmals ereilen. Der Grund: „Die Kohlevorräte waren erschöpft, und an die ganz großen Vorräte kamen wir auf Grund von Geländeschwierigkeiten nicht heran.“ Gemeinsam mit etwa 270 Kumpels musste sich Hesse wieder nach einem neuen Arbeitsplatz umsehen. Er fand ihn, wie die meisten anderen auch. Es zog ihn nach Essen zog, seine Kollegen auf die Henrichshütte oder die Zechen Herbede und Dahlhauser Tiefbau. Allein die Sprockhöveler Gewerkschaft Alte Haase übernahm mehr als 60 Männer. An die Zeit auf Aurora denkt Hesse gerne zurück, weil die Arbeit so sicher war. „Ganz selten gab es mal einen Unfall, aber an schlimme Unglücke kann ich mich nicht erinnern. Das lag auch an dem sicheren Ausbau der Schächte. „Hätte die Zeche noch 20 Jahre existiert, wäre ich noch 20 Jahre geblieben. Das Betriebsklima war bestens, ich kann über Aurora nichts Schlechtes sagen.“