Hattingen.

Das Gebäude an der Großen Weilstraße verfällt zusehends. Zurzeit hakt der Fortschritt wieder einmal an Dawnay Day.

Die Nachricht war und ist positiv: Kaufland steigt in Hattingen ein und übernimmt das marode Hertie-Haus. Bereits im Januar wurde der notarielle Kaufvertrag unterzeichnet. Doch inzwischen ist mehr als ein halbes Jahr vergangen – und an der Großen Weilstraße hat sich noch nichts getan, vielmehr verfällt das Gebäude zusehends. Nun steht die Ankündigung, wie es mit Hattingens größtem Kaufhaus weitergeht, kurz bevor – es hakt zurzeit an einer Stelle: Dawnay Day verschleppt eine gemeinsame Erklärung – wieder einmal schießt das Unternehmen aus London quer.

Spricht man mit den Einzelhändlern in der Innenstadt, werden immer wieder zwei grundsätzliche Aussagen gemacht: 1) Schön, dass das Reschop Carré da ist – es habe zu einer Belebung der City geführt; 2) Schlecht, dass das Hertie-Parkhaus nicht mehr zur Verfügung steht – dadurch gebe es 320 Parkplätze weniger, mit denen es noch mehr Kunden geben würde.

Die Händler wie auch besorgte Bürger können beruhigt werden: Kaufland kommt, das Parkhaus wird wieder komplett zur Verfügung stehen. Die Frage ist nur: wann?

„Wir gehen davon aus, dass wir spätestens im Herbst 2010 mit den Umbauarbeiten beginnen können”, erklärt Kaufland-Sprecherin Andrea Kübler. In den vergangenen Monaten sind Vertrags-Details abgearbeitet worden, aus denen sich der endgültige Kaufpreis zusammengesetzt. Nachdem die Engländer einen zweistelligen Millionen-Betrag aufgerufen haben, standen zuletzt Zahlen im hohen einstelligen Bereich (acht bis neun Millionen Euro) zur Diskussion.

Inzwischen wird der Startschuss aus dem baden-württembergischen Kaufland-Sitz Neckarsulm täglich erwartet. Eine gemeinsame Erklärung mit Dawnay Day ist auch schon ausgearbeitet, allerdings noch nicht von den Engländern gegengezeichnet.

Der Umbau des Gebäudes wird sich angesichts des Zustandes des Gebäudes aber voraussichtlich lange hinziehen. In Dortmund-Aplerbeck hat Kaufland zwei Jahre veranschlagt, um sein Konzept auf das Haus zu übertragen. Hattingen dürfte ähnlich viel Zeit und Aufwand verschlingen.

Die Parkdecks entsprechen nicht mehr den Sicherheits-Standards, schon zur Hertie-Zeit mussten mehrere Stütz-Pfeiler die Gemäuer halten. Aus der Dach-Konstruktion der vorgelagerten Balkone sind im stürmischen Frühjahr Metall-Platten ausgebrochen, so dass die Polizei den Gehweg durch Flatterband absperren musste. Auch im Haus selbst hat sich der Zustand durch den mittlerweile einjährigen Leerstand – Hertie verabschiedete sich am 8. August 2009 – nicht gebessert.

Für Aufregung sorgen zudem die an den Schaufenstern angebrachten Flugzettel mit einer Rufnummer, unter der das Gebäude zu mieten sei. Dazu Kaufland: Nein, der Kaufvertrag steht. Des Rätsels Lösung: Ein Mitarbeiter des englischen Immobilienmaklers hat die Zettel angebracht, just an dem Tag, an dem der Kaufvertrag abgeschlossen wurde. Nach dem erfolgreichen Abschluss verspürte er keinen Drang mehr, nach Hattingen zurückzukehren und die Zettel abzunehmen.

Den Drang, sich mit den Begebenheiten vor Ort auseinander zu setzen, verspürte bei Dawnay Day sowieso niemand. Geschäftsführer Chris Hancock war nicht zu greifen, und wenn doch, lieferte er lapidare Aussagen wie: Wir sind am Standort interessiert.

Verhandlungen und Absprachen mit Kaufland zogen und ziehen sich ebenso. Schwierigkeiten wird es für das Unternehmen der Schwarz-Gruppe (Lidl, Handelshof) geben, sein Konzept in Hattingen umzusetzen. Denn üblicherweise hat Kaufland in zweigeschossigen Häusern oben die Lebensmittel- und unten die so genannte Non-Food-Abteilung. Hierbei wäre für die obere Etage aber eine deutlich höhere Traglast erforderlich als die aktuelle, mit der das Haus in den 1970-er Jahren von Karstadt ausgestattet wurde – dies ist sicher eines der Vertragsdetails, das zwischen Kaufland und Dawnay Day noch zu klären war.

Bleibt nach wie vor die Frage nach dem Wann – schaut man auf das Gesamtpaket, sollte keiner mit einer Wiedereröffnung vor dem Weihnachtsgeschäft 2012 rechnen.

Siehe auch: Fotostrecke unter www.DerWesten.de/hattingen