Hattingen.

Wissenschaftler um Professor Klemens Störtkuhl verändern Zellen der Obstfliege so, dass sie auf blaues Licht reagiert.

Wie riecht blaues Licht? Nach Banane – zumindest für die Larven der Obstfliege. Es klingt für Menschen unglaublich, was Wissenschaftler von der Bochumer Ruhr-Universität erforscht haben. Die Gruppe um den Hattinger Neurogenetiker Professor Klemens Störtkuhl (49) hat dazu die Nervenzellen genetisch verändert. Und zwar so, dass einzelne der 28 Riechzellen auf blaues Licht reagieren.

„Wir konnten sowohl Zellen aktivieren, die normalerweise abstoßende Düfte wahrnehmen, was eine Schreckreaktion bei den Tieren auslöst, als auch solche, die attraktive Düfte wahrnehmen, wie Banane, Marzipan oder Klebstoff“, erklärt Störtkuhl. Diese Duftstoffe, die in verfaulendem Obst vorkommen, ziehen Larven der Taufliegen an. So heißen die im Volksmund genannten Obstfliegen richtig.

Revolutionäre Technik

Die Wissenschaftler aus Bochum und Göttingen untersuchen: Wie verarbeitet das Gehirn Informationen? Dazu forschen sie am Geruchssinn. Störtkuhl: „Ein bestimmtes Verschaltungsmuster führt zu bestimmtem Verhalten.” Verschaltungsmuster bedeutet, die Art wie die Nervenzellen verbunden sind. Es gehe um die Konzentration von Geruchsstoffen, wie sie sich unterscheiden und was dazu führt, das Gerüche abgelehnt oder angenommen werden. „Wir nehmen an, dass die neuronale Verschaltung bei Menschen ähnlich ist”, sagt er.

Auch die Technik ist interessant. Die Forscher haben Proteine von Algen in die nur einen Millimeter kleinen Tiere eingebracht. Ein Vorteil: die Larven sind transparent. So hätten sie nicht-invasiv arbeiten können, erläutert Störtkuhl. So haben sie die Tiere gezielt mit Licht gereizt und beobachtet, ohne sie zu verletzen. „Wir stimulieren einzelne neuronale Netze”, sagt er. Dünne Elektroden messen das Signal der Nervenzellen und die Forscher verfolgen es bis ins Gehirn. Störtkuhl: „Die Technik ist revolutionär.”

Genetischer Trick

Die aktivierten Nervenzellen senden bei Bestrahlung mit blauem Licht ein elektrisches Signal. So funktionieren die Nervenzellen, die Informationen weiterleiten. Blaues Licht deshalb, weil die Proteine der Algen auf diese Wellenlänge des Lichtspektrums reagieren – sie stammen aus der Tiefsee, wohin nur das blaue Licht reicht. Die Larve hat so den Eindruck, Düfte wahrzunehmen. „Ein genetischer Trick,” sagt er.

Das Experiment zeigt, dass sich Larven auf das Licht zubewegen, wenn die Wissenschaftler bei ihnen die Nervenzellen für attraktive Duftstoffe licht empfindlich gemacht haben. In weiteren Studien wollen die Forscher nach diesem Prinzip auch erwachsene Taufliegen mit den Proteinen ausstatten, um in ihrem Gehirn Nervenzellen anzuregen. Die erfolgreiche Methode soll auch in anderen Laboren etabliert werden, um ähnliche Fragestellungen beantworten zu können.