Hattingen.
In den 1960er Jahren sorgt die Firma Puth für europaweites Aufsehen. Bis 1981 häufen sich Schulden in Millionenhöhe an.
„Giftstoffe im Boden”, „Firmenchef festgenommen”, „Nach Konkurs Betrugsanklage” – diese Schlagzeilen begleiteten im Jahr 1981 das Ende des größten Arbeitgebers in der Geschichte Blankensteins: der Heinrich Puth KG.
Im Grunde dauerte das Dahindarben der Seil- und Drahtfabrik mehrere Jahre. Rolf Schneider (81), der als langjähriger Betriebsleiter nach eigenen Angaben „jede Schraube” im Werk kannte, erinnert sich: „Wir wollten in den 1970er Jahren die Drahtzieherei, die ich selbst mit aufgebaut habe, modernisieren und haben deshalb eine Patentieranlage gekauft, die die Drähte heizt und zieht. Doch die Maschine hielt nicht das, was wir uns von ihr versprochen haben.” Diese Fehlinvestition kostete mehrere Millionen Mark. Gleichzeitig geriet Puth als Zulieferbetrieb in den Strudel der Bergbau-Krise und durch die billiger produzierende ausländische Konkurrenz unter Preisdruck. Die Firma lieferte unter anderem Seile für Förderanlagen – und das von Beginn an. Vier Jahre nach der Gründung 1848 erhielt die Durchholzer Zeche Nachgedacht das erste Puth’sche Drahtseil.
Heinrich Puths Weg zu einem erfolgreichen Blankensteiner Unternehmer war lang – und das in jeder Hinsicht. Er begann nämlich 1843 im hessischen Hanau. Von dort aus ging der 1821 geborene Puth auf Wanderschaft. Was ihn ins Ruhrgebiet zog, ist nicht bekannt. Dass er aber beim Blankensteiner Bergseilermeister Dünnbier Arbeit fand hingegen schon. Nach einem Streit zwischen den beiden machte sich Puth selbstständig. Ohne die Hilfe der Alt-Eingesessenen hätte sich das Geschäft des jungen Mannes aber kaum entwickeln können. Landwirt Haarmann-Drenhaus stellte ihm ein Grundstück zur Verfügung, auf dem Puth eine Seilbahn aufstellte. 1859 flatterte ein Großauftrag von der Bergisch-Märkischen Eisenbahn ins Haus: Puth sollte ein drei Kilometer langes Drahtseil herstellen. Doch das überstieg die Kapazität der Produktionsstätte. Er ließ es in den Ruhrwiesen mit tatkräftiger Hilfe zahlreicher Bürger herstellen. Heinrich Puth starb am 19. September 1912 im Alter von 91 Jahren. Seine Firma entwickelte sich prächtig weiter und erreichte in den 1950er Jahren ihre Blüte.
In dieser Zeit (1954) begann auch Rolf Schneider bei Puth. Bis Mitte der 1970er Jahre hatte Schneider stets zwischen 400 und 500 Arbeitskollegen. „Wir haben neben dem Bergbau auch noch für die Erdölindustrie, die Landwirtschaft und die Schifffahrt produziert”, schildert Schneider. Aber auch Springseile für den konsumierenden Bürger waren im Programm. In guter Erinnerung sind ihm die 1960er Jahre. Schneider: „Damals arbeitete die Industrie fieberhaft daran, Sisal durch synthetisches Material als Werkstoff für die Spinnerei zu ersetzen. Uns gelang es als erste Firma in Europa überhaupt, knotenfeste Seile aus Synthetik herzustellen.”
Es sollte der letzte Höhepunkt gewesen sein. 1977 wird ein Vergleichsverfahren beim Konkursgericht wegen Zahlungsunfähigkeit beantragt. Grund: Die 2,5 Millionen Mark teure Patentieranlage. Dr. Fritz Wengeler, damals Firmenchef, sagte dazu: „Durch Fehler des Herstellers konnte die Anlage ihre Arbeiten nicht aufnehmen und verursachte zusätzlich erhebliche Kosten.“ Ergebnis: Bis 1981 entstand eine Deckungslücke in Höhe von 7,5 Millionen Mark, die die Firma endgültig in die Knie zwang. 150 Beschäftigte verloren ihre Arbeit.