Hattingen.

Vernetzung von Institutionen war das Thema einer Fachtagung des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe im Haus Theresia.

Ein Fall wie Kevin darf nie wieder passieren. Vier Jahre ist es her, dass der zweijährige Junge in Bremen von seinem Ziehvater zu Tode misshandelt wurde. Die Tat, da sind sich die Experten bei der Fachtagung „Jugend sSucht Hilfe“ des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe (LWL) im Haus Theresia einig, wäre zu verhindern gewesen. Der Suchtberater des drogenabhängigen Mannes habe gehofft, das Kind würde Stabilität in dessen Leben bringen, erklärt Martin Lengemann vom LWL-Landesjugendamt. Die verschiedenen Behörden, die mit der Familie zu tun hatten, hätten einfach zusammen arbeiten müssen, statt nur die eigenen Belange zu sehen.

Mit der Vernetzung der unterschiedlichen Hilfseinrichtungen befassten sich die Fachleute bei der Tagung in verschiedenen Foren.

Schule, Sozialarbeiter, Suchthilfe, Psychiatrie – die Hilfesysteme müssen sich verzahnen, um umfassende Betreuungsangebote für Menschen zu schaffen, die von Sucht betroffen sind. Mit dem Bündnis für Familie, in dem viele soziale Einrichtung vertreten sind, ist Hattingen Vorbild für andere Städte.

„Man muss die Leute motivieren, die Ressourcen der anderen zu nutzen“, fasst Juliane Lubisch zusammen. Sie koordiniert die Aktivitäten des Bündnisses in Hattingen. Sie weiß: Die Vernetzungsarbeit wird niemals abgeschlossen sein, denn die Probleme ändern sich ständig.

So kümmert sich die Arbeitsgruppe Jugendschutz unter Mitwirkung der Hattinger Geschäftsleute zwar darum, dass Jugendliche unter 16 Jahren keinen Alkohol kaufen können. Das Problem des Komasaufens ist damit aber noch lange nicht aus der Welt. „Wir haben seit Jahren eine Entwicklung, dass junge Menschen heute ihren ersten Alkoholrausch mit 13,8 Jahren haben“, sagt Wolfgang Rometsch, Leiter der Koordinationsstelle Sucht des LWL. 28 Prozent der Zwölf- bis 25-Jährigen hätten bereits Erfahrungen mit Marihuana.

Nicht zuletzt angesichts stets drohender Sparmaßnahmen auf dem sozialen Sektor sei eine engere Vernetzung der Einrichtungen unverzichtbar, da sind sich die Fachleute einig. Hattingen sei da auf einem guten Weg, sagt Rometsch. Sucht- und Jugendhilfe arbeiten dort bereits Hand in Hand.

Dazu gehören auch die frühen Hilfen, erklärt Juliane Lubisch. Schon Hebammen und Frauenärzte sollten das familiäre Umfeld unter die Lupe nehmen, damit rechtzeitig Hilfe angeboten werden könne. Auch Erzieherinnen und Lehrer sind gefragt sowie behandelnde Ärzte. „Die Jugendhilfe hat sich immer sehr ums Kind gekümmert und dabei die Elternproblematik aus den Augen verloren – und andersherum.“ Das soll sich auch landesweit ändern – nach Hattinger Vorbild.