Horst Brokemper und seine Frau Lilian führen seit 27 Jahren eine traditionsreiche Gastwirtschaft im Hügelland.

Es gibt Dinge, die sind im 21. Jahrhundert noch fast genauso wie vor 200 Jahren. Eine Wanderung durchs Hügelland etwa. Und weil wandern hungrig und durstig macht, gibt es eine Vielzahl an Gaststätten, die zum Verweilen einladen. Dazu gehört auch die des Ehepaares Lilian und Horst Brokemper. Die beiden haben sich ihre Existenz in einem der traditionsreichsten Häuser Hattingens aufgebaut.

Das geschah zwar eher zufällig, passt aber gut in die Geschichte des Gebäudes. In jungen Jahren reiste der heute 62-jährige Brokemper um die Welt. Den gebürtigen Hamelner verschlug es nach Nord- und Südamerika, wo er auch seine Frau kennen lernte. 1983 kehrten die beiden nach Deutschland zurück. „Ein Nachbar meiner Eltern kannte diese Immobilie und empfahl sie uns. Da dachten wir: Versuchen wir uns doch mal als Gastwirte.” Inzwischen besteht Grund zu der Annahme, dass niemand länger in dem Haus lebte und arbeitete als die Brokempers. Auch das hat Gründe. „Obwohl wir von außerhalb kommen, wurden wir hier sofort gut aufgenommen.” Lückenlos ist die Geschichte des Gebäudes und ihrer Besitzer zwar nicht, aber sie beginnt im Jahr 1820 – so viel steht fest.

Mit den Brokempers

zog Kontinuität ein

Als Bauernhaus gebaut, eröffnete Richard Vortmann zu einem unbekannten Zeitpunkt dort ein Kolonialwarengeschäft. Ob unter ihm der Umbau zum Schankbetrieb erfolgte? Niemand weiß das so genau. Ein Dokument, das um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert erhalten geblieben ist, nennt die Witwe Vortmann als Gastwirtin. In dieser Tradition stehen Lilian und Horst heute. Trotzdem sorgten die beiden für eine Zäsur: 1993 benannten sie das Haus, das bis dahin „Zum scharfen Eck” hieß, in Gasthof Brokemper um. Der Wirt erklärt: „Wir haben damals eine Kunstausstellung eröffnet. Es hätte vielleicht zu einem Missverständnis geführt, wenn sie im Scharfen Eck ausgestellt worden wäre. Außerdem habe ich mich gefragt, weshalb ich mich hinter einem anderen Namen verbergen sollte.”

Die evangelische Kirche hat mit scharfen Ecken offenbar keine Probleme gehabt. Das war vor der Zeit der Brokemper. Im 14-tägigen Rhythmus fanden in der Gaststätte Gottesdienste statt. Sie werden inzwischen in der Wichernkirche gefeiert. Doch damit nicht genug: Lange Zeit hielt sich im Haus neben Gastwirtschaft und Kirche ein Lebensmittelgeschäft. Und ein Ledigenheim war dort einst eingerichtet. Es diente den Kumpels der Zeche Petrussegen.

Horst Brokemper zeigt gerne die alten Dokumente aus der langen Geschichte des Hauses. Aber nur in Erinnerungen zu schwelgen ist nicht sein Ding. Und gefährlich wäre es auch. „Ausflugslokale sind nach heutigen Gesichtspunkten nicht mehr gefragt. Die Leute fahren mit dem Auto woanders hin. Das war noch nicht so extrem, als wir angefangen haben.” Also müssen neue Ideen her wie die Ausstellungen, die bis heute zur Gaststätte gehören. Dass es Brokempers nicht wie einigen ihrer Kollegen den Betrieb aufgeben mussten, hängt vielleicht auch damit zusammen, dass sie ihr Wissen mitgebracht haben: er als studierter Betriebswirt und sie mit einem Studium im Hotel- und Tourismuswesen. Ans Aufhören denkt er sowieso noch lange nicht. „Warum auch – Arbeit hält gesund.”

Ein alter Stall hat überlebt

Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: 190 Jahre alt wird das Haus in diesem Jahr, in dem Horst und Lilian Brokemper seit 1983 ihre Gäste bewirtschaften. Den bislang letzten großen Umbau gab es 1954. Damals wurde das Gebäude in seinen heutigen Zustand gebracht. Geblieben ist in all den Jahren ein ehemaliger Stall aus der Zeit des Bauernhofes, in dem sich inzwischen eine 80 Quadratmeter große Wohnung befindet, die Familie Brokemper gerne vermieten würde.