Am Hallenbad Talstraße werden seit Montag die Abbrucharbeiten vorbereitet. Ein Rückblick.

Der Traum vom Baden in der Innenstadt, er beginnt am 18. Juni 1963. Der Sportausschuss beschließt den Bau eines Hallenbads und einer Sporthalle zwischen Tal- und Schulstraße. Rund vier Millionen Mark pumpt die Stadt in ein 25 mal zehn Meter großes Schwimmbecken mit Dreimeterturm und eine 42 mal 26 Meter große Sporthalle mit Tribünen.

Groß ist die Freude, als am 4. Oktober 1968 endlich Eröffnung gefeiert wird. Mehr als 1000 Badegäste werden am ersten Tag gezählt, mehr als 1,3 Millionen sind es in den ersten zehn Jahren.

Der Anfang vom Ende stellt sich am 9. Mai 1994 mit einem großen Knall ein. Im Hallenbad platzt ein Filterkessel, tausende Liter Wasser laufen aus und zerstören die Hausmeisterwohnung. Der Kessel wird ausgewechselt, die Wohnung renoviert. Die guten, alten Badezeiten aber – sie kippen.

Die Kosten für Reparaturen steigen dramatisch. Im Sommer 2002 steht die Stadt vor der Entscheidung: 3,3 Millionen Euro für die Sanierung ausgeben oder das Bad schließen. Das Ende wird besiegelt. Am 13. September 2003 verlässt der letzte Schwimmer das Hallenbad Talstraße.

Ein Jahr später macht Dagmar Goch das Baden in der Innenstadt und damit die Immobilie an der Talstraße zum Wahlkampfthema. Die SPD-Kandidatin gewinnt die Kommunalwahl, setzt 2005 alles daran, ihr Wahlversprechen einzulösen. Nur: Eine politische Mehrheit im Rat bekommt sie nicht. Nicht einmal als abgespeckte Version innerhalb Privatinvests wollen die politischen Gegner der SPD die City wieder zum Bade-Stadtteil machen. 1,9 Millionen würde ein „kleines Becken”, eingebettet in ein Ärztehaus, kosten. Zu viel, sagen CDU und Grüne.

Also streicht Vinh Vo Huu das Badebecken aus seinen Bauplänen, will nun ein „trockenes” Ärzte- und Gesundheitszentrum errichten. Der Apotheker und die Stadt werden sich einig, der Kaufpreis auf 460 000 Euro festgesetzt, die Verträge besiegelt. Ende 2006 soll Baubeginn sein.

Zunächst aber steht das Bad noch leer. Und bietet Platz für merkwürdige Geschichten:

Nachwuchsfilmer nutzen die Kulisse für Dreharbeiten – und beklagen später den Diebstahl von Scheinwerfern und Lebensmitteln; über die „ganz eigene Ästhetik” des maroden Gemäuers freut sich auch der Kunstverein und organisiert eine Ausstellung mit dem Titel „Öffnungszeiten – Verschlusszeiten”; und dann ist das Bad auch noch in der Nacht zum 5. November 2006 geöffnet – für die „Pool Club Night” von Maik Böcker und Sascha Wurm, die den Becken-Boden zur Dankeschön-Disco für ihre Geschäftsfreunde umfunktionieren.

Und die Stadt, sie wundert sich, wer so alles einen Schlüssel hat für ihr Bad. Ja, ihr Bad. Vinh Vo Huu gehört es nicht, weil er den Kaufpreis nicht überweist. Nie überweist. Im März 2007 – alle Fristen sind verstrichen – wird der Verkauf „rückabgewickelt”, ein neuer Investor gesucht.

Der heißt Helmut Skiba und wird am Standort Talstraße jetzt einen Gebäudekomplex mit altengerechten Wohnungen und Arztpraxen hochziehen. Störungsfrei verläuft auch diese Bauplanung nicht: Da wird um Wohnungsgrößen geschachert, um die Kosten für eine Verbindungstreppe gestritten. Und dann ist es plötzlich wirklich soweit. Im Dezember 2009 ist alles geklärt. Seit gestern rollen die Bagger. Und das Hallenbad Talstraße wird – im siebten Jahr nach der Schließung – Geschichte.