Der alte Bahnhof ist 140 Jahre alt. Sein Eigentümer Lothar G. Stalter fühlt sich pudelwohl im besonderen Ambiente.
Hattingen am 15. Februar 1870: Die Bergisch-Märkische Eisenbahn eröffnet das Bahnhofsgebäude. Zwei Monate zuvor feiern die Ehrengäste im „Westphälischen Hofe” die Eröffnung der Eisenbahn mit einem Fest-Dinner mit Austern, Mock-Turtle-Pastete („unechte Schildkröten-Pastete”) und Rosenkohl mit Kastanien.
Seit Ende 1869 erreicht der Dampfzug Hattingen von Essen-Steele. Hattingen am 15. Februar 2010: Der Bahnhof feiert seinen 140. Geburtstag.
„Ich habe mit meiner Frau schon überlegt, ob wir etwas veranstalten”, sagt Besitzer Lothar G. Stalter. Aber die große Feier spart sich der Immobilenmakler dann für das 150. Jahr nach der Eröffnung auf. Damals wie heute: Ein besonderes Ambiente umgibt das Gebäude aus Ruhrsandsteinquadern. Die Frontseite mit dem Turm verhält sich symmetrisch zu den Gleisanlagen links und rechts vom Bahnhof. Klare Linien und Formen prägen den Bau.
Der klassizistische Stil mit den Rundbögen und der dreistöckige Turm bringen kaiserlich-preußisches Flair in die aufstrebende Ruhrstadt. Die wächst im 19. Jahrhundert durch die Henrichshütte, die der Graf zur Stollberg-Wernigerode gegründet hatte. Der Bahnhof wird zu einem Knotenpunkt an der Ruhr.
Stalter hat den Bahnhof von der Bundesbahn erworben und renoviert im Jahr 2000 die Fassade und Innenräume komplett. Der 53-Jährige fühlt sich im alten Gemäuer „pudelwohl”. Die Entscheidung dort sein Büro einzurichten, bereut er nicht und sagt: „Gibt es etwas Schöneres als einen eigenen Bahnhof?”
Der ist heute vor allem Raum für die Restaurant-Kette Fabbrica Italiana im Erdgeschoss und in der oberen Etage Büro für Stalter und die Firma Diron, die Geschäftsdrucke für Firmen herstellt. „In der ersten Etage saß damals die Bahnmeisterei”, erläutert der Makler.
Lothar G. Stalter erzählt von früher. Wie er den Ort mit seiner Mutter besucht habe und in die Ferien gefahren sei. Oder wie die Damen auf dem Weg zum Bahnsteig ihre Röcke über den Schotter lupfen mussten.
„Bis Mitte der 1970er Jahre gab es noch eine Gepäckaufnahme”, sagt Lothar G. Stalter. Die sei heute nicht mehr vorhanden, nur der Keller sei noch begehbar.
Auch von der Renovierung erzählt Stalter. Wie die Kämpferfenster genau aufgeteilt und restauriert wurden. Die lassen zusätzliches Licht über Türen und Fenstern hinein. Auch die Kassettentüren und ein neuer, alter Holzfußboden wurde hinein gebaut. „Der Putz wurde abgehauen und krummer Putz aufgetragen”, erzählt Stalter.
Unten, wo heute das italiensche Restaurant sitzt, hat Stalter die ehemaligen Wartesäle der ersten und zweiten Klasse wieder herstellen und Rundbögen einbauen lassen.
Bevor es jedoch soweit kommt, wird das Gebäude in seiner ursprünglichen Nutzung um Anbauten erweitert. Es gibt eine Wartehalle und Schalter für die Fahrkarten. Später fahren bis zu vier Straßenbahnlinien vorbei und auch eine Gaststätte befindet sich im Gebäude.
Und noch bis in die 1990er Jahre wird das Gebäude als Bahnhof genutzt, auch wenn der Personenverkehr bereits 1979 ruht.
Der renovierte Bahnhof wirft mit seiner Fassade einen Blick in ein anderes Jahrhundert. Stalter bemerkt neben den Äußerlichkeiten noch etwas anderes: „Die Bahnhofstraße war die Straße schlechthin”, meint er.
Es seien einfach mehr Menschen unterwegs gewesen, sagt Lothar Stalter. Praktisch ein Tor nach Hattingen. Heute ist dies anders, auch wenn viele Menschen hier immer noch aus der S-Bahn aussteigen. Und die Innenstadt suchen. „Die klingeln bei uns und fragen nach einem Taxi nach Hattingen.”