Das Amtsgericht steht seit 1879 an der Bahnhofstraße. Es beschäftigte selbst schon die Justiz, weil die Hausnummer fehlte.

Besser ist, man betrachtet eines der wichtigsten Gebäude der Stadt nur von außen. Wer trotzdem hinein muss, hat in der Regel ein Problem mit dem Gesetz. Dann gibt es noch die Kläger. Und diejenigen, die dort arbeiten. Wolfgang Pauli formuliert es so: „Hier trifft sich die große und kleine Kriminalität.” Die Rede ist natürlich vom Amtsgericht an der Bahnhofstraße, wo Pauli 33 Jahre als Richter tätig war.

Die eigenartige L-Form des am 17. November 1964 eingeweihten Gebäudes hat Gründe: Der triftigste liegt darin, dass neben der Kirche St. Peter und Paul schon seit 1879 Recht gesprochen wird: Ursprünglich in einem eher kleinen Haus, das erst nach dem Neubau abgebrochen wurde. Das heutige Gerichtsgebäude planten die Verantwortlichen um die alten Räume herum.

Der Grund für die Erweiterung war das gestiegene Arbeitspensum, das die Kapazitäten des alten Gerichtsgebäudes zu sprengen drohte. „Das ging auch während meiner Tätigkeit in Hattingen so weiter”, blickt Pauli zurück. Der inzwischen 73-Jährige schied Ende März 2001 aus dem Dienst. Zu dieser Zeit wurde das Gebäude komplett entkernt und modernisiert. Die Umstände während der Modernisierung waren nicht einfach. Das Gericht war komplett verhüllt. Es fehlte es an Tageslicht. Der Lärm trug gewiss nicht zu einer angenehmeren Arbeitsatmosphäre bei.

Pauli erklärt zu den Verfahren: „Trotz aller Widrigkeiten sind wir das schnellste Gericht im Bezirk des Oberlandesgerichts Hamm geblieben.”

Kurios waren mitunter die Fälle, mit denen die Richter es zu tun hatten. Wolfgang Pauli selbst sagt, dass „alles interessant” gewesen sei, was er in Hattingen erlebt habe. Vielen Menschen ist er in Erinnerung geblieben. Burkhard Pieper ist nur einer von ihnen. Pieper, einst Trainer in der Fußballjugend der DJK Märkisch Hattingen, erwirkte bei Wolfgang Pauli Hafturlaub für zwei seiner damaligen Spieler, damit sie ihrer Mannschaft bei einen Punktspiel helfen konnten.

Allzu lange ist es noch nicht her, da war das Amtsgericht selbst ein Fall für die Justiz. Denn: Am Gebäude fehlte die Hausnummer. Diese muss neben dem Eingang angebracht sein. Inzwischen ist auch der Fall geklärt. Die Zahl hängt.

Gerichtsbezirk älter als die Stadt

Die Geschichte des Hattinger Amtsgerichts reicht zwar ins Jahr 1879 zurück, die hiesige Justizgeschichte ist aber mehr als 150 Jahre älter als die Stadt selbst. Damals war es der Amtsgerichtsbezirk Hattingen, der (gemeinsam mit dem Bezirk Gelsenkirchen) einst der Verwaltung und Gerichtsbarkeit der Grafschaft Bochum unterstand. 1243 ging der in den Mitbesitz des Grafen von der Mark über.