Hattingen. Um das Kriegswaffenkontrollgesetz ging es bei einem Gerichtsprozess in Hattingen. Im Mittelpunkt: ein Patronengürtel in einer Privatwohnung.

Zu einer „unorthodoxen Methode“, wie Richter Johannes Kimmeskamp einräumte, griff das Schöffengericht in einem Strafverfahren gegen einen angeklagten Hattinger. Um herauszufinden, ob die Munition, die im vergangenen Jahr in der Wohnung des 26-Jährigen gefunden wurde, unter das Kriegswaffenkontrollgesetz fällt, wurde die Beurteilung von zwei Oberregierungsräten der Panzerdivision Oldenburg eingeholt. Fast anderthalb Stunden wurde die Gerichtsverhandlung unterbrochen.

Der 26-Jährige dient seit 2018 als Zeitsoldat. Da er 650 Kilometer von zu Hause stationiert ist, kommt er selten nach Hattingen. Aus dem Grunde bat er einen früheren Freund, den Müll aus seiner Wohnung zu bringen. Das machte der Freund auch.

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Allerdings wurde er wegen Drogendelikten von der Polizei observiert. Als er dann die Wohnung des Angeklagten betrat, folgten ihm die Beamten. Sie machten aber nicht nur den Gesuchten dingfest, sondern fanden in der Wohnung auch einen Patronengürtel mit Munition und erstatteten Anzeige.

Die Einordnung der gefundenen Munition gelang dem Amtsgericht Hattingen nicht.

Strafrechtlich stellten sich zwei Fragen. 1. Wem gehört der Patronengürtel? 2. Fällt die Munition unter das Kriegswaffenkontrollgesetz? Vor allem Frage Nummer 2 stellte das Gericht vor Rätsel. Klar wurde auf intensive Nachfrage eines Schöffen, dass die gefundene Munition nicht zu dem Sturmgewehr passt, das der Soldat bei seinem Dienst häufig in Händen hält.

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Ein Polizist, der als Zeuge aussagte, erklärte auf Befragen des Richters, dass die Polizei am Patronengürtel keine Spuren gesichert habe. Somit stand weiter auch die Frage im Raum, wem dieser Gurt gehört.

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Das Gericht stieß auf ein Gesetz, nach dem Manöverpatronen nicht unter das Kriegswaffenkontrollgesetz fallen. Manches sogar freikäuflich sei. Zur Sprache kamen Trainingsmunition, Kartuschen-, Leucht-, Signal und Überdruckmunition. Es war ein Stochern im Nebel, weil die tatsächliche Einordnung der gefundenen Munition nicht gelang.

Fragen an die Panzerdivision in Oldenburg

Der Anwalt des Hattingers, Hont Péter Hetényi aus Hamburg, machte den Vorschlag, ob man nicht – um Kosten und Zeit zu sparen – das Verfahren vorläufig einstellen könne. Eventuell gegen eine Geldauflage. Darauf wollte sich das Gericht aber nicht einlassen. Dann kam die Idee auf, sich von Fachleuten genau erklären zu lassen, ob es sich bei den gefundenen Patronen um Kriegswaffen handelt und somit eine mögliche Staftat vorliegt.

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Bis eine eindeutige Aussage der Panzerdivision in Oldenburg vorlag, verging eine ganze Weile. Schließlich kam das Gericht wieder zusammen, der Staatsanwalt plädierte auf Freispruch, weil es sich bei den Patronen „nur, in Anführungszeichen, um Manövermunition handelt“, sagt er.

Das sah Anwalt Hetényi genauso. Und Richter Kimmeskamp erklärte dann, dass weder eine Verständigung der Parteien angestrebt, noch erzielt worden sei. Das Gericht sprach den 26-Jährigen frei, weil die Patronen nicht unter das Kriegswaffenkontrollgesetz fallen. Somit entfiel auch der zweite Punkt, ob der Patronengürtel dem Angeklagten gehörte oder nicht.