Hattingen. Ein Wal im Foyer und Putin in Sträflingskleidung. Bei der 12. Ausgabe der Revierkunst in der Henrichshütte in Hattingen gibt es besondere Kunst.

Putin im Gefängnis. In der Hattinger Henrichshütte wird aus dem Wunsch Vieler Wirklichkeit. Die 12. Revierkunst-Ausstellung überrascht mit emotionalen Werken, die zum Nachdenken anregen – und zum Schmunzeln.

Wie kommt eigentlich ein Wal ins Foyer der Henrichshütte? Natürlich durch die Tür. Doch dafür musste die 6,30 Meter lange Skulptur amputiert werden. Catharina Lindeskov Nielsen hat den Wal selbst gebastelt und musste hierfür sogar schweißen. Weil sie gerade ein Kunstprojekt an einer Hattinger Schule begleitet, erklärt ihr Mann Luis Flick, was es mit dem Wal auf sich hat: „Es geht um die Verschmutzung der Meere.“

Werk bezieht sich auf gigantische Insel aus Plastikmüll

Das Werk bezieht sich auf die gigantische Insel aus Plastikmüll, die im Pazifik umhertreibt. Deswegen besteht der Wal aus „Müll“: Sein Skelett hat Nielsen eigenhändig verschweißt und mit Bauschaum überzogen. Die Malerplane, die bei der Arbeit noch als Unterlage diente, bildet nun die Außenhaut.

Der Plastikwal von Catharina Lindeskov Nielsen begrüßt die Besucher im Foyer der Henrichshütte Hattingen. Normalerweise hängt der Wal von der Decke. Wegen Statik-Problemen wird er im Foyer von Stützen getragen.
Der Plastikwal von Catharina Lindeskov Nielsen begrüßt die Besucher im Foyer der Henrichshütte Hattingen. Normalerweise hängt der Wal von der Decke. Wegen Statik-Problemen wird er im Foyer von Stützen getragen. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

In der Gebläsehalle hetzt Kuratorin Sonja Henseler von Werk zu Werk. Die umtriebige Künstlerin musste aus über 400 Bewerberinnen und Bewerbern auswählen. Über 600 Kunstwerke von insgesamt 75 Künstlern gibt es hier zu sehen, und die wollen schließlich in Szene gesetzt werden. Die WAZ durfte am Aufbautag bereits hinter die Kulissen blicken – und zu sehen gibt es viel: Von digitaler Fotokunst über wuchtige Skulpturen hin zu Abwandlungen französischer Renaissance-Kunst: Die historische Gebläsehalle leuchtet in bunten Farben.

Öffnungszeiten, Eintrittspreise, Künstlergespräche

Die 12. Revierkunstausstellung in der Henrichshütte zeigt von Freitag, 3. November, bis Sonntag, 12. November, über 600 Arbeiten lokaler und überregionaler Künstlerinnen und Künstler.

Die Ausstellung ist dienstags bis sonntags in der Zeit von 10 bis 18 Uhr geöffnet (Abweichungen siehe unten). Letzter Einlass ist um 17 Uhr.

Wer mit den Künstlern ins Gespräch kommen möchte, hat dazu am 3. November von 17 bis 20 Uhr, am 4. November von 10 bis 20 Uhr, am 5. November von 10 bis 20 Uhr, am 11. und 12. November jeweils von 10 bis 18 Uhr Gelegenheit.

Mittendrin steht Putin in schwarz-weiß gestreifter Sträflingskleidung. Über sein Outfit scheint der russische Präsident nicht erfreut. Grimmig blickt er auf den Betrachter herab. Auf seiner Brust prangt die Aufschrift „Put in prison“ – übersetzt etwa „Ins Gefängnis stecken“, auf seinem Kopf hingegen thront eine halbe Banane – ein Verweis auf den Urheber Thomas Baumgärtel.

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Der als Bananensprayer bekannte Künstler hat eine Variante des Putin-Porträts bereits Anfang des Jahres in Köln enthüllt, und das zehn Meter groß auf einer Hauswand. Das Bild in der Gebläsehalle ist mit seinen rund dreieinhalb Metern Höhe ein wenig wohnzimmerfreundlicher – wenn man hohe Decken hat.

Sträfling Putin steht neben dem Fußballer Mesut Özil. Was sie eint: Thomas Baumgärtels berühmte Banane.
Sträfling Putin steht neben dem Fußballer Mesut Özil. Was sie eint: Thomas Baumgärtels berühmte Banane. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Während Baumgärtels Street Art mithilfe von Schablonen gesprüht wird, arbeitet Ute Kleist in Öl. Auch sie setzt sich in ihren Werken mit Straßenkunst auseinander und wird dabei politisch. Ein Bild zeigt eine vermummte Großmutter mit Lockenwicklern im Haar. Sie sprüht dem Betrachter den Slogan „Make Art Not War“ entgegen. Hinter der friedensliebenden Oma stehen Porträts, die Holocaust-Überlebende zeigen.

Kuratorin: „Ein Erlebnis geballter Gefühle“

Kuratorin Sonja Henseler will in ihrer Ausstellung Übergänge, aber auch Kontraste schaffen. „Man wird geführt durch kritische Zeiten, durch verbotene Zeiten, aber auch durch Zeiten der Hoffnung, der Fröhlichkeit“, verrät die Kuratorin. „Es ist ein Erlebnis geballter Gefühle.“

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Und tatsächlich gibt es in der Halle auch Werke zum Schmunzeln. Wie die kleinen bunten Figuren von Nicole Prinz. Die meist gehäkelten Wesen rangieren irgendwo zwischen Außerirdischen und süßen Monstern, haben Augen an allen möglichen und unmöglichen Körperstellen. „Das sind Objekte, die beim Betrachter unterschiedliche Gefühle auslösen.“ Dabei entwickelt sie ihren besonderen Stil stets weiter. „Es fing mit Figuren an und das“ – sie zeigt auf ihre bunten Kreationen – „sind Objekte, die man sich auf den Kopf setzt. Das heißt, man wird jemand anders.“

Barbara Neumanns Köpfe kommen mit einer Geschichte. Dabei sind die Biografien der typischen Ruhrgebietsmenschen August, Ahmet und Peter frei erfunden, könnten sich aber genau so zugetragen haben.
Barbara Neumanns Köpfe kommen mit einer Geschichte. Dabei sind die Biografien der typischen Ruhrgebietsmenschen August, Ahmet und Peter frei erfunden, könnten sich aber genau so zugetragen haben. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Besonders wandelbar sind die Werke von Rolf Kuhlmann, die im hinteren Hallenbereich zu sehen sind. Der Clou hier sind Scharniere, mit denen sich die Leinwand wie eine Schultafel erweitern oder zuklappen lassen. Dabei entstehen immer neue Bildkompositionen, die sich mal ergänzen oder starke Kontraste ergeben.

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