Hattingen. Auf trockene Tage hoffen die Landwirte in Hattingen für ihre Ernte. Denn das Wetter wird Auswirkungen auf die Lebensmittelpreise vor Ort haben.

Einen bittenden Blick gen Himmel dürften derzeit alle Landwirte werfen. Denn auf den Äckern steht noch das Getreide, das dringend geerntet werden muss. Doch dafür muss es trocken sein.

Das Wetter hat es den Bauern in Hattingen und Umgebung nicht leicht gemacht. Erst hat es dauerhaft geregnet, dann war es monatelang trocken und schließlich gab es, zur Haupterntezeit des Getreides, wieder Dauerregen.

Verregnete Getreide-Ernte in Hattingen ist für Brotverarbeitung nicht geeignet

„Weizen, Triticale, Roggen und Hafer stehen seit gut drei Wochen reif auf den Feldern und konnten aufgrund des Regens bis auf einige Ausnahmen nicht geerntet werden können“, weiß der Vorsitzende des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Ennepe-Ruhr Dirk Kalthaus. „Das Getreide hat inzwischen massiv gelitten, einige Flächen können wir schon jetzt komplett abschreiben“, sagt Kalthaus.

>>> Mehr Nachrichten aus Hattingen und Sprockhövel

Der Weizen hat durch den vielen Regen bereits gekeimt. Damit ist er für die Brotverarbeitung ungeeignet geworden. 
Der Weizen hat durch den vielen Regen bereits gekeimt. Damit ist er für die Brotverarbeitung ungeeignet geworden.  © wlv/Drees-Hagen | wlv/Drees-Hagen

Das bestätigt auch Stefan Knoche. Der 58-jährige Lohnunternehmer arbeitet seit 40 Jahren für die Landwirte Hattingens und wartet ebenfalls darauf, dass das Getreide gedroschen werden kann. „Wenn das Korn gekeimt hat, dann kann man es für Brot nicht mehr verwenden.“ Es bleibt die Verwertung als Tierfutter oder aber für die Biogasanlagen.

Spitzenpreise für Weizen aus Hattingen sind dieses Jahr unwahrscheinlich

„Vergangenes Jahr hatten die Bauern Glück und haben 250 bis 300 Euro für eine Tonne Weizen bekommen.“ Stefan Knoche weiß: „Da wurde aber auch argumentiert mit Knappheit, weil Importe wegen des Ukraine-Krieges nicht möglich werden.“ Dass diese Preise wieder erzielt werden, hält er für unwahrscheinlich. „Und wenn die Qualität nicht stimmt, dann gibt es vielleicht nur noch 100 Euro für eine Tonne oder auch weniger.“ Doch auch wenn der langanhaltende Regen die Ernte des Getreides verzögert hat, weiß Knoche: „Ja, der Boden ist nass, aber Grundwasser haben wir immer noch nicht genug.“

Dirk Kalthaus schätzt, dass Brotgetreide kaum noch in der Region zu ernten sei. „Wir hoffen, dass das Getreide nun zumindest noch als Futter zu nutzen ist“, so der Landwirtevorsitzende.

+++ Sie wollen keine Nachrichten aus Hattingen verpassen? Dann können Sie hier unseren Newsletter abonnieren. Jeden Abend schicken wir Ihnen die Nachrichten aus der Stadt per Mail zu. +++

Auch mal einen Dürresommer überstehen

Peter Oberdellmann, Landwirt vom Kneibel-Hof und stellvertretender Vorsitzender des Verbandes ist froh, dass die Getreide-Ernte bei ihm nur „ein Nebenschauplatz“ ist. Er lebt hauptsächlich vom natürlichen Grünland und der Vermarktung seiner Rinder. Doch die wollen Futter haben und so geht „dieses Jahr von meinem Getreide nichts auf den Markt“.

Er wirtschaftet stets so, dass er auch mal einen Dürresommer überstehen kann, ohne Futter zuzukaufen. „Die Qualität des Weizens ist so schlecht, dass wir froh sein können, wenn es für die Tiere reicht und er nicht in der Biogasanlage landet.“ Das bedeutet aber auch, dass die Spitzenpreise aus dem Vorjahr nicht erzielt werden. „Wenn er in der Anlage landet, gibt es vielleicht einen Zehner, wir reden hier schon lange nicht mehr vom Geld verdienen.“ Ob das sich nun auch auf den Preis von Backwaren auswirkt, kann der Landwirt nicht sagen: „Da geht es um viel mehr Dinge, als nur die lokale Ernte.“ Bei anderen landwirtschaftlichen Produkten sei eine Teuerung hingegen schon absehbar: „Der Kartoffelmarkt wird sehr angespannt sein“, da der langanhaltende Regen das Aussetzen der Pflanzen im Frühjahr verzögerte.

Peter Oberdellmann relativiert aber: „Das Wetter ist immer unkalkulierbar, es gibt kein Jahr, in dem alles optimal ist, das muss man einkalkulieren und vor allem darf man erst mit der Ernte rechnen, wenn sie eingebracht ist.“ Sein Resümee: „Man braucht eben immer einen Puffer auf dem Konto und in der Scheune“.

Viel Regen in Hattingen hat auch gute Seiten

Der nasse Sommer habe aber auch seine positiven Seiten gehabt, sagt Dirk Kalthaus, hier von profitiert auch Oberdellmann. „Wiesen und Weiden sowie Mais sind gut gewachsen, daher haben wir ausreichend Futter für unsere Tiere“, so Kalthaus und erklärt: „Grünland braucht Feuchtigkeit und die hatten wir in diesem Frühjahr und Sommer“.

+++ Kennen Sie unseren Familien-Newsletter? Hier anmelden – und Freizeit-Tipps und vieles mehr erhalten +++