Hattingen. Die Hüttenwerker-Installation erweitert das Industriemuseum Hattingen. Das ist ein Ergebnis des Diversitätsprozesses. Der viel Neues beschert.

Diversität ist ein sperriger Begriff. Den das Industriemuseum Henrichshütte mit Leben füllt, beispielsweise mit Führungen in verschiedenen Sprachen, mit einem Nachbarschaftsessen auf dem Gelände oder einer Kooperation mit dem Internationalen Frauencafé: Das hat Anja Junghans erreicht. Aber sie weiß auch: „Das ist eine Daueraufgabe“, so die Agentin für Diversität. Sie will und soll für eine kulturelle Öffnung der Einrichtung sorgen.

Auf vier Jahre war ihre Stelle befristet. Die sind im Sommer um. „Aber ich habe eine Verlängerung für zwei Jahre bekommen.“ Allerdings geht sie bald in Elternzeit, „dann stocken zwei Kolleginnen auf, um das Thema weiter voranzutreiben“.

Diversitätsprozess im Industriemuseum Hattingen beschert viele neue Ideen

Ideen wie Speed-Führungen und Cocktails auf der Hütte konnten wegen der Corona-Zeit nicht ausprobiert werden. „Dafür aber haben wir viel intern gearbeitet, geschult, sensibilisiert, eine AG Diversität gegründet, damit wir mit dem Thema in die Breite gehen und möglichst alle Abteilungen das Thema füttern“, so Anja Junghans.

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Auch wenn Corona durch viele Ideen einen Strich durch die Rechnung machte – vieles konnte erreicht werden. Museumsleiter Robert Laube nennt die Führungen in verschiedenen Sprachen als ein Beispiel, die durchaus nicht nur für Gruppen aus anderen Ländern sind, sondern für Hattingerinnen und Hattinger beispielsweise mit Migrationshintergrund.

Frauen und ihre Geschichte auf der Hütte

Auch den Frauen und ihrer Geschichte auf der Hütte widmete das Team Aufmerksamkeit. Zudem gab es eine Kooperation mit dem Internationalen Frauencafé: Im multimedialen Projekt „FrauenLebenswelten“ ging es um Einwanderungsgeschichten von Frauen nach Hattingen. Der Film „Ich nenne es hier auch zuhause“ entstand.

Derzeit sucht das Museum verstärkt nach Menschen mit Migrationserfahrung und nach Frauen, die von ihrer Hüttenerfahrung erzählen – um die Fotos der ehemaligen Hüttenwerker am Zaun des Geländes zu ergänzen. Die Installation aus 100 lebensgroßen Porträts erinnert an die Menschenkette von 1987.

Osama Al Esaa soll die Zielgruppe erweitern

Ebenfalls ein Ergebnis des Diversitätsprozesses ist der eben geschlossene Vertrag mit dem aus Syrien stammenden Osama Al Esaa (34). Er engagiert sich auch in der Flüchtlingshilfe Sprockhövel, soll Kontakte knüpfen zu Menschen, die das Museum noch nicht als Ort für sich entdeckt haben. „Community Outreach“ heißt das Rausgehen in die Stadt, um neue Zielgruppen zu erschließen. Menschen informieren möchte er über das, was alles auf dem Hüttengelände läuft und möglich ist.

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„Wir haben zum Beispiel zum Opferfest auf unserem Gelände eingeladen, die Menschen haben das Essen selbst mitgebracht, wir haben den Grill und den Ort gestellt. Hier sind viele Menschen, die nicht wie sonst üblich das Opferfest mit Familien und Freunden feiern können, weil sie kaum jemanden in Hattingen kennen“, so Osama Al Esaa. Doch nicht nur Migranten hat er im Blick, sondern alle, für die die Hütte ein Ort ist – gleich ob für Veranstaltungsbesuche, Silvesterparty, Museumsbesuch.

Anpassung der Besuchsordnung

Noch in Arbeit ist die Anpassung der Besuchsordnung. „Wir schützen die Objekte, aber nicht die Menschen, die kommen. Wir weisen darauf hin, dass man uns bei Diskriminierungserfahrungen ansprechen kann“, sagt Anja Junghans. Im August wird es den ersten Hattinger Jugendkongress im Museum geben in Zusammenarbeit mit dem Jugendparlament und dem Freizeitwerk Welper. Rund 800 Jugendliche diskutieren dann über Politik, Diversität, Rassismus, künstliche Intelligenz. Robert Laube: „Der Diversitätsprozess macht Spaß, hält wach.“ Und er ist eine Daueraufgabe.