Hattingen/Sprockhövel. Einsamkeit im Alter ist ein gesamtgesellschaftliches Problem. Auch in Hattingen und Sprockhövel wird oft der Hausnotruf betätigt, nur um zu reden.

Die Malteser in NRW haben eine erschreckende Tendenz festgestellt: Zwischen Weihnachten und Neujahr wurde der Knopf für den Hausnotruf in mehr als jedem zweiten Fall nur gedrückt, weil die Senioren jemanden zum Reden brauchten. Demnach sei bei mehr als 2500 Alarmen keine konkrete Hilfeleistung notwendig gewesen. Nicht alle Anbieter können das bestätigen. Doch klar ist: Die Vereinsamung Älterer nimmt zu.

+++ Sie wollen keine Nachrichten aus Hattingen verpassen? Dann können Sie hier unseren Newsletter abonnieren. Jeden Abend schicken wir Ihnen die Nachrichten aus der Stadt per Mail zu. +++

Auch interessant

„Es passiert schon mal, dass jemand den Knopf drückt, weil er Kontakt sucht. Aber es ist lange nicht die Regel. Meistes liegt tatsächlich ein Notfall vor“, sagt etwa Kirsten Schäfer, Geschäftsführerin des Kreisverbands des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB), der auch für Hattingen und Sprockhövel zuständig ist. Allerdings filtere die Hausnotrufzentrale bereits beim Eingang die Art der Anrufe.

Im Schnitt gibt es sechs bis acht Notrufe pro Woche

Im Schnitt gingen sechs bis acht Notrufe pro Woche ein, mal mehr, mal weniger. Bei den meisten seien Stürze die Ursache für den Anruf. Dass immer mehr Senioren einsam sind, das bekämen sie beim ASB aber vor allem über den Mobilen Sozialen Dienst mit, so Schäfer. Zwar würden dort auch hauswirtschaftliche Tätigkeiten erledigt. „Aber für die meisten Menschen ist die Ansprache am wichtigsten.“

Dass Senioren den Hausnotruf vermehrt alarmieren, weil sie sich einsam fühlen, kann Thomas Vormann vom DRK tatsächlich bestätigen. „Das ist in der Pandemie so gewesen und das kommt an den Feiertagen verstärkt vor“, so der Sprecher. Doch auch bei einer konkreten Hilfeleistung würden die Kollegen vor Ort oft spüren, dass ein kleiner Plausch oft der einzige soziale Kontakt sei.

>>> Mehr Nachrichten aus Hattingen und Sprockhövel

„Es kommt gelegentlich vor, dass Kunden den Knopf drücken, weil sie sich alleine fühlen“, sagt Karsten Hahn vom Hattinger Hausnotruf. Sei das der Fall, dann würde dies gleich am Telefon geklärt und ein paar Minuten mit dem Betroffenen gesprochen. Doch grundsätzlich weise er schon bei einem ausführlichen Beratungsgespräch darauf hin, wann der Hausnotruf genutzt werden darf und wann nicht, so Hahn.

Einsamkeit ist ein gesamtgesellschaftliches Problem

Das Thema Einsamkeit im Alter sei ein gesamtgesellschaftliches Problem, das Corona massiv verschärft habe, sagt Andreas Vincke. Die Zahl der 80- bis 90-Jährigen wachse dramatisch, so der Leiter der Feierabendhäuser in Witten. Eingeschränkte Mobilität, verstorbene Lebenspartner und Freundeskreise, weit entfernt lebende Angehörige und der Gedanke, so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden zu leben, seien die Ursachen.

>>> Folgen Sie unserer Redaktion auf Facebook – hier finden Sie uns

Auch interessant

„Wer immer gesellig war, wird kaum Probleme haben, neue Kontakte zu knüpfen“, so Vincke. „Doch viele können das nicht. Da müssen wir einspringen.“ Wohnt ein Angehöriger weit weg, dann kämen schon mal digitale Medien zum Einsatz. „Aber das ersetzt keinen echten Besuch.“ Den können zwar die rund 17 Ehrenamtlichen des hauseigenen Besuchsdienstes leisten, „doch dafür suchen wir händeringend weitere Leute“ – so groß sei der Bedarf.

+++ Sie wollen keine Nachrichten aus Sprockhövel verpassen? Dann können Sie hier unseren Newsletter abonnieren. Jeden Abend schicken wir Ihnen die Nachrichten aus der Stadt per Mail zu. +++

Im Quartier der Feierabendhäuser gibt es nicht nur circa 100 Plätze in der Vollzeitpflege, sondern auch mehr als 100 seniorengerechte Wohnungen. „Wir wissen, wer da regelmäßig Besuch bekommt.“ Isolation, sagt Vincke, sei eine der großen Herausforderungen. Eine mögliche Lösung aus seiner Sicht: den Weg in ein Altenheim nicht scheuen. Denn dort seien Kontakte an der Tagesordnung, gebe es in der Regel viele Freizeitangebote. „Bei mir kommt immer wieder die gleiche Botschaft von neuen Bewohnern an: Hätte ich gewusst, wie das hier ist, wäre ich schon früher ins Heim gekommen.“

Wer sich alleine fühlt, kann jederzeit die Nummer der Telefonseelsorge in Bochum wählen. Sie ist auch für Witten zuständig: 0800 1110111 oder 0800 1110222 sowie unter www.telefonseelsorge.de