Hattingen. Im Haus Bredenscheid zieht wieder Leben ein. In dem Fachwerkhof in Hattingen sollen Kinder eine Bleibe finden. Zurzeit leben dort Flüchtlinge.

Haus Bredenscheid wird zum Haus der Hilfe. Seit einem Jahr ist bekannt, dass der neue Besitzer im ehemaligen Tagungszentrum an der Schulenbergstraße ein geleitetes Kinder- und Familienzentrum einrichten will. Die Genehmigung lässt noch auf sich warten. Doch das Haus steht nicht leer. 50 Flüchtlinge haben inzwischen dort eine Bleibe gefunden.

„Es hat einfach alles gepasst. Wir wollen helfen. Und nun können wir helfen – wenn auch anders, als zunächst geplant“, sagt Jean-Christoph Witt, Geschäftsführer der Haus Bredenscheid gGmbH. Die gemeinnützige Gesellschaft betreibt die aktuellen und die künftigen Hilfsangebote in den beiden idyllisch gelegenen Gebäuden.

Sonja Knabe und Jean-Christoph Witt halten die Fäden im Haus Bredenscheid in der Hand. Sie organisieren zurzeit das Zusammenleben von 50 Geflüchteten.
Sonja Knabe und Jean-Christoph Witt halten die Fäden im Haus Bredenscheid in der Hand. Sie organisieren zurzeit das Zusammenleben von 50 Geflüchteten. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Warten auf die Zulassung

Witt und sein Team wollen im Haus Bredenscheid Wohnformen schaffen, bei denen Menschen verschiedener Generationen mit und ohne Behinderung miteinander leben. Dazu wird eine Zulassung der gGmbH als Trägerin der öffentlichen Jugendhilfe benötigt. „Und das kann noch dauern“, erläutert Witt. „Die zuständigen Behörden sind überlastet. Wir gehen von einer langen Wartezeit aus.“

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Da das Team um Jean-Christoph Witt (49) und Sonja Knabe (35) schon im Haus wohnt, habe sich die Unterbringung von Flüchtlingen gewissermaßen von selbst ergeben. „Die Stadt Hattingen und wir sind gleichzeitig aufeinander zugegangen“, sagen die beiden. Seit März bereits haben die Menschen aus der Ukraine im Haus Bredenscheid eine neue Bleibe gefunden – die meisten sind Frauen und Kinder. Mit 50 Personen ist inzwischen die Kapazität ausgeschöpft.

Im November wird das neue Haus Bredenscheid im Rat der Stadt vorgestellt

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Entsprechend lebendig geht es gerade im Hauptgebäude der Einrichtung zu. Aber auch draußen hat das ehemalige Tagungszentrum sein Gesicht verändert. Spielplätze wurden angelegt. Eine Seilbahn aufgebaut. Eine Fläche der abschüssigen Anlage begradigt, um einen kleinen Bolzplatz zu realisieren. Obst- und Gemüsebeete geschaffen.

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„Natürlich wissen wir nicht, wie lange unser Haus noch als Flüchtlingsunterkunft benötigt wird“, sagt Witt. Ein Grund mehr für ihn und sein Team, sich um den ursprünglichen Ansatz zu kümmern. Im November will er das neue Haus Bredenscheid im Rat der Stadt vorstellen. Dort und in weiteren Gesprächen soll geklärt werden, wie groß der Bedarf für die Betreuung von Kindern in Hattingen ist.

Dann kommen die Erwachsenen hinzu

Für 2,81 Millionen Euro gekauft

2,81 Millionen Euro hat der Unternehmer aus Hagen für das denkmalgeschützte Haus Bredenscheid im Schulenbergwald gezahlt. Zu dem Anwesen gehören rund 265.000 Quadratmeter Wald, Ackerland und bebaute Fläche.

Karl Goldschmidt hatte das Anwesen 1909 als Erholungsheim für seine Mitarbeiter gekauft und hergerichtet. Der Sohn des Firmengründers Theodor Goldschmidt, der die „Chemische Fabrik“ 1847 in Berlin gegründet hatte, etablierte am Anfang des 20. Jahrhunderts weitere soziale Innovationen.

In den 1960er-Jahren verlor der Standort als Urlaubsdomizil für Goldschmidt-Beschäftigte immer mehr an Bedeutung. Zuletzt hat Evonik die Gebäude als Zentrum für Seminare und Tagungen genutzt. Seit Frühjahr 2020 stand das Haus leer.

Mit einer Wohngruppe von sieben Kindern zwischen vier und zwölf Jahren möchte Jean-Christoph Witt starten, wenn die Anerkennung als Trägerin der öffentlichen Jugendhilfe da ist. Eine gleich große Gruppe für den Altersbereich 13 bis 16 soll folgen. Dann kommen die Erwachsenen hinzu. Je nachdem, wie viele Bewohner eine Behinderung haben, wird am Ende die Höchstkapazität der Einrichtung ausgelegt. Witt rechnet damit, dass es rund 30 Personen sein werden.

Spielen vor historischer Kulisse: Sonja Knabe mit ihren Schützlingen in einem der neuen Sandkästen.
Spielen vor historischer Kulisse: Sonja Knabe mit ihren Schützlingen in einem der neuen Sandkästen. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Sie leben dann in der „Christlichen Kinder- und Jugendhilfe Haus Bredenscheid, einem sozialpädagogischen Werk, das Kindern eine sichere Basis geben möchte, um Vergangenes zu verarbeiten, Gegenwärtiges zu unterstützen und Zukünftiges vorzubereiten.“ So steht’s in den Leitlinien des Hauses. „Der Ausgangspunkt unserer pädagogischen Arbeit ist das Verständnis des Menschen als Ebenbild Gottes, der eine unverfügbare Würde und Einmaligkeit besitzt“, heißt es weiter.

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„Was nicht heißt, dass wir einer konfessionellen oder diakonischen Einrichtung verpflichtet wären. Wir sind eigenständig“, sagt Jean-Christopher Witt. Im Dunkeln bleibt indes die Identität des neuen Eigentümers von Haus Bredenscheid. Der Unternehmer aus Hagen möchte von einer Person nicht mehr preisgeben. „Er ist aber in die Haus Bredenscheid gGmbh mit eingestiegen“, verrät Geschäftsführer Witt.