Hattingen. Nach der Schließung der Augusta-Kurzzeitpflege haben Angehörige große Probleme mit der Unterbringung. Was die „eingestreute Pflege“ bedeutet.

Seit fast einem Jahr gibt es in Hattingen keine planbaren Plätze für eine Kurzzeitpflege mehr. Im Herbst 2021 haben die Ambulanten Dienste Augusta die einzige Dauereinrichtung im Stadtgebiet neben dem EvK an der Waldstraße wegen Personalmangels dichtgemacht.

Seitdem gehen die Chancen für Hattingerinnen und Hattinger, zu pflegende Angehörige für kurze Zeit unterzubringen, um selbst einmal zur Ruhe zu kommen, gegen null. In einem Schreiben an die Stadt und den Kreis fordert das Seniorenforum, „diesen Missstand so schnell wie möglich zu beenden“.

Während der Urlaubszeit ist die Nachfrage nach Kurzzeitpflege sehr groß

Das Problem: Kurzzeitpflegeplätze stehen durchaus noch auf den Listen mehrerer Seniorenheime. Nur: Verfügbar sind sie nicht.

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Das liegt daran, dass alle drei aktuellen Anbieter von Kurzzeitpflege in Hattingen die Plätze als „eingestreute Unterbringung“ im Bestand haben. Heißt: Es gibt zwar eine bestimmte Zahl an Plätzen. Fehlt aber gerade der Bedarf und es kommt die Nachfrage nach einer Langzeit-Unterbringung, ist der Kurzzeitpflegeplatz weg.

Brandbrief an Bürgermeister und Landrat

„Schafft mehr Kurzzeitpflegeplätze in Hattingen.“ So steht es über dem Brandbrief des Senioren-Forums an Bürgermeister Dirk Glaser, Landrat Olaf Schade und weitere Adressaten.

Pflegende Angehörige und Unterstützer seien so erschöpft, dass sie dringend eine Aus- und Erholungszeit benötigten, um ihre Arbeit fortsetzen zu können.

„Doch nicht einmal diese vom Gesetzgeber ermöglichte Entlastungsphase scheint ihnen vergönnt zu sein“, heißt es weiter. „Nicht nur in Hattingen, sondern im gesamten Ennepe-Ruhr-Kreis gibt es nicht genügend Kurzzeit-Pflegeplätze, wie schon der Pflegebericht des Ennepe-Ruhr-Kreises von 2020 konstatierte.“

„Anders geht das auch gar nicht“, erklärt Hubert Röser, Sprecher der Theresia-Albers-Stiftung. „Während der Urlaubszeit ist die Nachfrage nach Kurzzeitpflege sehr groß, in den anderen Monaten geht sie gegen null. Wir können die leeren Betten aber nicht permanent freihalten nur für den Fall, dass irgendwann doch mal ein Bedarf da ist.“

Im Herbst 2021 hat die Kurzzeitpflege der Ambulanten Dienste Augusta an der Waldstraße geschlossen.
Im Herbst 2021 hat die Kurzzeitpflege der Ambulanten Dienste Augusta an der Waldstraße geschlossen. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Also ziehen in den Altenheimen St. Josef an der Brandtstraße und St. Mauritius in Niederwenigern, die die Stiftung betreibt, Dauerbewohner ein, wenn ein Kurzzeitplatz frei ist. Vorübergehend betreut werden laut Röser am Standort St. Josef gerade kein Gastnutzer, am Standort St. Mauritius vier.

Das Problem wird immer größer

„Da sehen wir dann auch, dass das Problem mit der Kurzzeitpflege immer größer wird“, macht Röser klar. Denn zwei der vier Gäste auf Zeit wollen anschließend dauerhaft bleiben.

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Ähnlich gehen auch die beiden anderen Anbieter von Pflegeplätzen mit der Situation um. „Nominell haben wir zehn Plätze für die Kurzzeitpflege“, sagt Ursula Champignon, die das Emmy-Kruppke-Seniorenzentrum der Arbeiterwohlfahrt in Welper leitet. „Die wirklich verfügbare Zahl ist aber immer deutlich geringer.“

Augusta Kliniken sind optimistisch

Die Diakonie Mark Ruhr unterhält in Hattingen drei Seniorenheime: das Martin-Luther-Haus an der Waldstraße mit sieben Kurzzeitpflegeplätzen, den Heidehof in Niederwenigern (7) und das Haus der Diakonie an der Augustastraße (9). Allerdings erfolgt die Vergabe auch dort „eingestreut“. Buchungen seien damit nicht planbar, sagt eine Sprecherin der Diakonie.

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Im Rathaus kann man die Kritik des Seniorenforums an der Situation nachvollziehen. „Es ist ein eklatanter Mangel“, sagt die Erste Beigeordnete Christine Freynik. „Wir weisen in den Ausschüssen auf die Lage hin und bitten die Ratsfraktionen, über ihre Parteien Einfluss in Land und Bund zu nehmen. Denn wir als Kommune können wenig machen.“

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Freynik hofft, dass die Kurzzeitpflege an der Waldstraße doch noch wieder öffnet. Die Augusta Kliniken schüren diese Hoffnung. „Wir stellen aktuell ein neues Team aus Fachkräften aus der Pflege, der Bewegungstherapie und weiterer Professionen zusammen. Zudem wird das Gebäude baulich modernisiert“, heißt es auf Anfrage der WAZ. „Wir sind optimistisch, im Frühjahr 2023 die neue Augusta-Kurzzeitpflege in Hattingen eröffnen zu können.“