Hattingen. Das Jahrhundert-Hochwasser im Juli 2021 hat das „Freizeitdomizil Ruhrtal“ schwer getroffen. Erinnerungen und wie es den Bewohnern heute geht.
Das Jahrhundert-Hochwasser hat viele Bewohner des Campingplatzes „Freizeitdomizil Ruhrtal“ an der Tippelstraße besonders schwer getroffen. So geht es ihnen heute.
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Franz Schmücker
„Das kriegen sie nie mehr aus dem Kopf“, sagt der 75-Jährige, der mit seiner Inge seit 18 Jahren in dem Idyll in der Nähe der Ruhr wohnt. „Die Hattinger Feuerwehr ist das Beste, was es gibt. Sie hat wirklich Leben gerettet.“ Um 5.15 Uhr in der Nacht auf den 15. Juli wurde das Ehepaar wach, weil Feuerwehrleute schrien: „Raus aus den Häusern!“ „Zuerst dachte ich, ihr könnt mich mal“, schildert Schmücker. Aber dann: Der Rollstuhlfahrer versuchte sein Glück, sich im elektrischen Gefährt in Sicherheit zu bringen. „Da kam auch schon die erste Welle“, sagt er. Seine Frau schob den anderen leeren Rollstuhl, dann übermannte sie die Panik. Helfer kamen gerade noch rechtzeitig.
Ein Jahr nach der Hochwasserkatastrophe
Verloren hat er nicht seine Zuversicht, dass es „irgendwie weitergehen wird“. Aber alle Erinnerungen in Form von Bildern oder Dokumenten sind weg. Kein Bild mehr von seiner Mutter, nichts, was man gerne immer mal wieder ansieht. Kein Hausrat mehr und auch kein Bett. Zum Glück übernahm die Versicherung den Schaden. Jetzt ist alles neu im kleinen Haus. Aber: „Ich kann gar nicht sagen, wie viele Tränen hier schon geflossen sind.“
Anne Dippel
Die 80-Jährige hat es längst nicht so schlimm getroffen wie das Ehepaar. Aber bei ihr hat die Flutnacht bleibende Probleme hinterlassen: „Wenn ich Flugzeuge mit einem bestimmten Motorengeräusch höre, wird das seit dem Krieg zur Nervenprobe. Das habe ich jetzt auch, wenn es stark regnet. Dann kämpfe ich mit meinem Inneren.“
Nicht nur Anne Dippel dankt für die Spenden, die sie bekommen hat. Das hat geholfen. Sie musste allerdings rund 9000 Euro aus eigener Tasche bezahlen, weil sie keine Elementarversicherung hatte und die „stinkende, braune Brühe“ das ganze Haus in Beschlag nahm. „Und dann bin ich noch an Gauner geraten, die mit Reparaturarbeiten angefangen hatten und mittendrin aufhörten, weil sie plötzlich unglaublich viel Geld verlangten, das ich nicht zahlen wollte. Da musste ich mir neue Handwerker suchen.“
Ulrich Trautvetter
Abreißen oder wieder aufbauen? Vor der Frage stand der 61-Jährige, bei dem das Wasser bis 1,80 Meter hoch im Haus stand. Seit 2013 wohnt er dort. Er hatte im Glauben gelebt, an Versicherungen alles Notwendige abgeschlossen zu haben. „Ich hatte eine Elementarversicherung. Aber, wie ich erfahren habe, bezog die sich nicht auf das Gebäude.“ Er blieb auf mehreren Zehntausend Euro sitzen.
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Auch er dankt allen Helfern und Spendern für die Unterstützung. „Auch die Hilfen vom Land haben mich weitergebracht“, sagt er. Aber fertig ist er mit den Arbeiten immer noch nicht. „Das alles neben der Berufstätigkeit zu schaffen, ist schon eine echte Herausforderung.“
Sabine Bruns
2019 hatte sie sich mit ihrem Lebensgefährten ein Wohnmobil gekauft. Ein Glück. Denn als ihr komplettes Haus unter Wasser stand, bot der Wagen für einige Wochen ein Dach über dem Kopf. Die nächsten Monate war Grundsanierung angesagt. Mal wohnte sie im – auch schwer beschädigten – Mobilheim ihres Liebsten, mal im „Dachgeschoss“ ihres durchnässten Hauses.
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Mailyn Jankowski
Auch die Auszubildende und ihre Mutter hat die Flut schwer getroffen. Sie mussten einen Kredit aufnehmen, um die Schäden reparieren zu lassen. Allen Bewohnern ist allerdings eins gemeinsam: Sie wollen ihr Idyll niemals verlassen.