Hattingen. Das Jahrhundert-Hochwasser im Juli 2021 hat das „Freizeitdomizil Ruhrtal“ schwer getroffen. Erinnerungen und wie es den Bewohnern heute geht.

Das Jahrhundert-Hochwasser hat viele Bewohner des Campingplatzes „Freizeitdomizil Ruhrtal“ an der Tippelstraße besonders schwer getroffen. So geht es ihnen heute.

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Franz Schmücker

„Das kriegen sie nie mehr aus dem Kopf“, sagt der 75-Jährige, der mit seiner Inge seit 18 Jahren in dem Idyll in der Nähe der Ruhr wohnt. „Die Hattinger Feuerwehr ist das Beste, was es gibt. Sie hat wirklich Leben gerettet.“ Um 5.15 Uhr in der Nacht auf den 15. Juli wurde das Ehepaar wach, weil Feuerwehrleute schrien: „Raus aus den Häusern!“ „Zuerst dachte ich, ihr könnt mich mal“, schildert Schmücker. Aber dann: Der Rollstuhlfahrer versuchte sein Glück, sich im elektrischen Gefährt in Sicherheit zu bringen. „Da kam auch schon die erste Welle“, sagt er. Seine Frau schob den anderen leeren Rollstuhl, dann übermannte sie die Panik. Helfer kamen gerade noch rechtzeitig.

Ein Jahr nach der Hochwasserkatastrophe

Der Ruhrbogen im Bereich der Isenbergstraße am 16. Juli 2021. 
Der Ruhrbogen im Bereich der Isenbergstraße am 16. Juli 2021. 
Das Haus von Sabine Bruns ist vom Hochwasser schwer getroffen und zerstört.
Das Haus von Sabine Bruns ist vom Hochwasser schwer getroffen und zerstört. © Dietmar Wäsche
Ein Jahr später steht Sabine Bruns mit ihrer Mutter Anne Dippel in ihrer neuen Küche.
Ein Jahr später steht Sabine Bruns mit ihrer Mutter Anne Dippel in ihrer neuen Küche. © Svenja Hanusch
Das Hochwasser hatte die Badewanne von Sabine Bruns aus den Fugen gerissen.
Das Hochwasser hatte die Badewanne von Sabine Bruns aus den Fugen gerissen. © Dietmar Wäsche
Eine Badewanne hat Sabine Bruns nicht mehr. Dafür ein frisch saniertes Badezimmer.
Eine Badewanne hat Sabine Bruns nicht mehr. Dafür ein frisch saniertes Badezimmer. © Svenja Hanusch
Katze Martha wohnte nach der Flut zeitweise bei Sabine Bruns - Nachbarschaftshilfe auf dem Campingplatz. Bis heute kommt sie sie regelmäßig besuchen.
Katze Martha wohnte nach der Flut zeitweise bei Sabine Bruns - Nachbarschaftshilfe auf dem Campingplatz. Bis heute kommt sie sie regelmäßig besuchen. © Svenja Hanusch
Anne Dippel war im Juli 2021 verzweifelt.
Anne Dippel war im Juli 2021 verzweifelt. © Dietmar Wäsche
Ein Jahr später kann Anne Dippel wieder lächeln - auf der Veranda ihres Tinyhauses. 
Ein Jahr später kann Anne Dippel wieder lächeln - auf der Veranda ihres Tinyhauses.  © Svenja Hanusch
Rückblick auf die Katastrophe im Juli 2021.
Rückblick auf die Katastrophe im Juli 2021.
Franz Schmücker erinnert sich an die Katastrophe, als sei sie gestern gewesen.
Franz Schmücker erinnert sich an die Katastrophe, als sei sie gestern gewesen. © Svenja Hanusch
Das Haus von Inge und Franz Schmücker wurde vom Hochwasser schwer getroffen.
Das Haus von Inge und Franz Schmücker wurde vom Hochwasser schwer getroffen. © Walter Fischer
Das Ehepaar fand eine Ferienwohnung für die Zeit der Sanierung und verließ sein Tinyhaus.
Das Ehepaar fand eine Ferienwohnung für die Zeit der Sanierung und verließ sein Tinyhaus. © Socrates Tassos
Fliesenleger Jens Heinrich half Franz Schmücker im verganenen Jahr mit den Sanierungsarbeiten.
Fliesenleger Jens Heinrich half Franz Schmücker im verganenen Jahr mit den Sanierungsarbeiten. © Walter Fischer
Ein Jahr später zeigt Franz Schmücker stolz das
Ein Jahr später zeigt Franz Schmücker stolz das "neue" Haus. © Svenja Hanusch
Inzwischen fährt sogar die Modelleisenbahn wieder rund um das Haus von Franz Schmücker.
Inzwischen fährt sogar die Modelleisenbahn wieder rund um das Haus von Franz Schmücker. © Svenja Hanusch
Andere Pächter mussten ihre Häuser abreißen. 
Andere Pächter mussten ihre Häuser abreißen.  © Svenja Hanusch
Manche haben ihre Häuser gar nicht wieder aufgebaut.
Manche haben ihre Häuser gar nicht wieder aufgebaut. © Svenja Hanusch
Ulrich Trautvetter saniert sein Tinyhaus bis heute.
Ulrich Trautvetter saniert sein Tinyhaus bis heute. © Svenja Hanusch
Er habe Zeit, sagt er. Das Bad ist fast fertig.
Er habe Zeit, sagt er. Das Bad ist fast fertig. © Svenja Hanusch
Ulrich Trautvetter muss noch den letzten Feinschliff machen.
Ulrich Trautvetter muss noch den letzten Feinschliff machen. © Svenja Hanusch
Der Campingplatz Freizeitdomizil Ruhrtal ist auch am 16. Juli 2021 noch vom Hochwasser betroffen.
Der Campingplatz Freizeitdomizil Ruhrtal ist auch am 16. Juli 2021 noch vom Hochwasser betroffen. © Hans Blossey
Manches Ferienhaus wurde nach dem Hochwasser verkauft. Zum Teil sanieren die neuen Besitzer bis heute.
Manches Ferienhaus wurde nach dem Hochwasser verkauft. Zum Teil sanieren die neuen Besitzer bis heute. © Svenja Hanusch
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Svea Jankowski sitzt im Juli 2021 verzeifelt im zerstörten Haus ihrer Tochter Maylin.
Svea Jankowski sitzt im Juli 2021 verzeifelt im zerstörten Haus ihrer Tochter Maylin. © Svenja Hanusch
Das Tinyhaus wurde völlig entkernt.
Das Tinyhaus wurde völlig entkernt. © Walter Fischer
Ein Jahr später zeigt sich Maylin Jankowski glücklich mit Chihuahua Abby in ihrem frisch sanierten Haus.
Ein Jahr später zeigt sich Maylin Jankowski glücklich mit Chihuahua Abby in ihrem frisch sanierten Haus. © Svenja Hanusch
Die Hochwasserkatastrophe vom 14. Juli 2021 wird vielen Menschen für immer im Gedächtnis bleiben.
Die Hochwasserkatastrophe vom 14. Juli 2021 wird vielen Menschen für immer im Gedächtnis bleiben. © Hans Blossey
Insbesondere den Anwohnern vom Campingplatz Ruhrtal.
Insbesondere den Anwohnern vom Campingplatz Ruhrtal. © Hans Blossey
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Verloren hat er nicht seine Zuversicht, dass es „irgendwie weitergehen wird“. Aber alle Erinnerungen in Form von Bildern oder Dokumenten sind weg. Kein Bild mehr von seiner Mutter, nichts, was man gerne immer mal wieder ansieht. Kein Hausrat mehr und auch kein Bett. Zum Glück übernahm die Versicherung den Schaden. Jetzt ist alles neu im kleinen Haus. Aber: „Ich kann gar nicht sagen, wie viele Tränen hier schon geflossen sind.“

Franz Schmücker erzählt von der Bewältigung der Hochwasserschäden.
Franz Schmücker erzählt von der Bewältigung der Hochwasserschäden. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Anne Dippel

Die 80-Jährige hat es längst nicht so schlimm getroffen wie das Ehepaar. Aber bei ihr hat die Flutnacht bleibende Probleme hinterlassen: „Wenn ich Flugzeuge mit einem bestimmten Motorengeräusch höre, wird das seit dem Krieg zur Nervenprobe. Das habe ich jetzt auch, wenn es stark regnet. Dann kämpfe ich mit meinem Inneren.“

Anne Dippel auf ihrer Veranda.
Anne Dippel auf ihrer Veranda. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Nicht nur Anne Dippel dankt für die Spenden, die sie bekommen hat. Das hat geholfen. Sie musste allerdings rund 9000 Euro aus eigener Tasche bezahlen, weil sie keine Elementarversicherung hatte und die „stinkende, braune Brühe“ das ganze Haus in Beschlag nahm. „Und dann bin ich noch an Gauner geraten, die mit Reparaturarbeiten angefangen hatten und mittendrin aufhörten, weil sie plötzlich unglaublich viel Geld verlangten, das ich nicht zahlen wollte. Da musste ich mir neue Handwerker suchen.“

Ulrich Trautvetter

Abreißen oder wieder aufbauen? Vor der Frage stand der 61-Jährige, bei dem das Wasser bis 1,80 Meter hoch im Haus stand. Seit 2013 wohnt er dort. Er hatte im Glauben gelebt, an Versicherungen alles Notwendige abgeschlossen zu haben. „Ich hatte eine Elementarversicherung. Aber, wie ich erfahren habe, bezog die sich nicht auf das Gebäude.“ Er blieb auf mehreren Zehntausend Euro sitzen.

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Auch er dankt allen Helfern und Spendern für die Unterstützung. „Auch die Hilfen vom Land haben mich weitergebracht“, sagt er. Aber fertig ist er mit den Arbeiten immer noch nicht. „Das alles neben der Berufstätigkeit zu schaffen, ist schon eine echte Herausforderung.“

Ulrich Trautvetter saniert zurzeit sein Tinyhaus.
Ulrich Trautvetter saniert zurzeit sein Tinyhaus. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Sabine Bruns

2019 hatte sie sich mit ihrem Lebensgefährten ein Wohnmobil gekauft. Ein Glück. Denn als ihr komplettes Haus unter Wasser stand, bot der Wagen für einige Wochen ein Dach über dem Kopf. Die nächsten Monate war Grundsanierung angesagt. Mal wohnte sie im – auch schwer beschädigten – Mobilheim ihres Liebsten, mal im „Dachgeschoss“ ihres durchnässten Hauses.

Sabine Bruns zeigt ihr neues Badezimmer.
Sabine Bruns zeigt ihr neues Badezimmer. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

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Mailyn Jankowski

Auch die Auszubildende und ihre Mutter hat die Flut schwer getroffen. Sie mussten einen Kredit aufnehmen, um die Schäden reparieren zu lassen. Allen Bewohnern ist allerdings eins gemeinsam: Sie wollen ihr Idyll niemals verlassen.

Maylin Jankowski steht mit Chihuahua Abby in ihrem sanierten Häuschen.
Maylin Jankowski steht mit Chihuahua Abby in ihrem sanierten Häuschen. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch