Hattingen. Erst belächelt, jetzt erfolgreich: Seit 25 Jahren gibt es die Naturheilkunde-Klinik in Hattingen-Blankenstein. Was ihren Erfolg ausmacht.
Ein „sanftes Lächeln“ erntete Professor Dr. André-Michael Beer, Leiter der Klinik für Naturheilkunde in Hattingen-Blankenstein, vor 25 Jahren für seine Vorträge vor niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten. Das hat sich gründlich geändert. Der Fachbereich des Katholischen Klinikums Bochum ist in 25 Jahren „aufgeblüht“, hat sich gut etabliert und vernetzt.
Die Lächler von einst sind oft die Einweiser von heute. 1997 eröffnete die Klinik als Modellabteilung des Landes NRW. Das Ziel: die Kombination von Schulmedizin mit klassischen Naturheilverfahren, deren Wirksamkeit Studien belegen. „Von Augendiagnose und Edelsteintherapie halte ich nichts.“
25 Jahre Naturheilkunde-Klinik in Hattingen: anfangs belächelt, heute geschätzt
Beer selbst kommt aus der Schulmedizin, hatte zuvor eine Krebsklinik geführt. Schon früh war er überzeugt: Die Schulmedizin hat viel erreicht, aber das alleine reicht nicht aus.
Heilkräutergarten, neuer Barfußpfad und Film
Durch den frei zugänglichen Heilkräutergarten der Klinik Blankenstein mit Heilpflanzenlehrpfad führen Mediziner auf Wunsch. Information: 02324 396 72 485.
Neu ab dem 1. Juni ist der Barfußpfad rund ums Labyrinth im Kräutergartens zu nutzen. „Wir laden Menschen ein, herzukommen und den Barfußpfad zu gehen“, so Professor André-Michael Beer. Verschiedene Untergründe tragen zur Sensibilisierung bei, haben den Effekt einer Akupressur, aktivieren die Reflexzonen des Fußes. „Man kommt wieder ins Fühlen. Gerade Schmerzpatienten funktionieren oft nur noch, sie müssen wieder ins Fühlen kommen“, erklärt Beer. Seile zum Festhalten sorgen für Sicherheit.
Das Labyrinth – „gestaltet nach dem christlichen Labyrinth im Kölner Dom“, so Beer – bedeute eine Verlängerung des Weges zum Ziel.
In einem kurzen Film auf ihrer Homepage blickt die Klinik auf 25 Jahre Naturheilklinik zurück: www.naturheilkunde.klinikum-bochum.de
„Denn neben der onkologischen Behandlung benötigen Krebskranke Lebensqualität.“ Übelkeit, Traurigkeit, Rückenschmerzen: Hier leitet die Naturheilkunde-Klinik Betroffene an, wie sie ihr Befinden verbessern können. Und so verfasste Beer dann auch die Broschüre „Naturheilkunde in der Krebstherapie – Wie klassische Naturheilverfahren Ihre Lebensqualität verbessern können“, die das Katholische Klinikum Bochum herausgegeben hat.
Fünf Naturheilkunde-Verfahren
Chronisch und Langzeit-Erkrankte mit Leiden wie Rheuma, Magen-/Darm, Allergien, Schmerzen, Atemwegsinfekten finden in Blankenstein Linderung oder Heilung. „Die fünf Verfahren sind: Phyto-, also Heilpflanzentherapie, Ordnungstherapie, auch als Mind-Body-Medizin bekannt, Ernährungstherapie, Bewegungstherapie mit Massagen und Osteopathie, außerdem die Kneipp-Therapie“, erklärt Beer. Aderlass sei ein bewährtes, wissenschaftlich belegtes Verfahren. Über 2500 Blutegel werden pro Jahr in der Klinik gesetzt.
56 Betten gibt es in der Klinik. „Anfangs gab es Dreibettzimmer mit einer Toilette für zehn Patienten auf dem Flur. Und die Menschen sind trotzdem gekommen.“ Heute sind die Klinikgäste in Zweibettzimmern mit eigenem Bad untergebracht. Hinzu kamen im Laufe der Jahre eine Küche, Räume für die Ausbildung von Ärzten.
Das Konzept hat sich bewährt
Das Konzept hat sich indes nicht geändert. Denn „nur so kann es gehen, Naturheilverfahren und Schulmedizin müssen kombiniert werden“, sagt Beer. Glücklich sei er darum, dass er mit so vielen Fachkliniken im Haus zusammenarbeiten könne.
Gut vernetzt zu sein, zu informieren, ist Beer wichtig, in dessen Team, das er sehr lobt, viele bereits seit Jahren arbeiten. „Wir haben Med in Hattingen initiiert, die Versorgungsstrukturen sind eng verzahnt.“ Vor Corona gab es immer wieder Vorträge für Interessierte. Außerdem bietet die Klinik Sprechstunden an – zu Krebsfragen sowie für die Frauenklinik. „70 Prozent der von Brustkrebs betroffenen Frauen fragen nach der Misteltherapie. Als ich sie vor 25 Jahren anwandte, wurde davor gewarnt, heute steht sie in den Leitlinien der Fachgesellschaften“, so Beer.
Stationärer Aufenthalt dauert in der Regel zwei Wochen
Patienten aus ganz Deutschland kommen für je zwei Wochen in die Klinik. „Die Behandlung ist nur stationär möglich, weil Zeit, Personal und Mittel in den Praxen begrenzt sind und die Patientinnen und Patienten vor allem aus ihrem Alltag herauskommen müssen, um diese neuen Wege der Medizin zu gehen. Das geht ambulant nur sehr bedingt.“ 1300 Aufnahmen sind es pro Jahr – davon 80 Prozent Frauen.
Bei der Long-Covid-Behandlung sagt Beer, erziele die Klinik gute Erfolge. Um die auch wissenschaftlich belegen zu können, sammelt er Daten. „Gerade beim Verlust vom Geruchs- und Geschmackssinn können wir viel mit ätherischen Ölen bewirken – und mit Atemtherapie.“