Hattingen. Die NRW-Landtagswahl lässt niemanden kalt: Das ist der Eindruck einer Straßenumfrage in Hattingens Innenstadt. Bürgerstimmen und -erwartungen.

Kalt lässt die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen offenbar niemanden. Manche Passanten in der Hattinger Altstadt schimpfen schon los, wenn sie nur das Wort Politik hören. Andere winken ab und erklären, sie würden gar nicht mehr wählen gehen, es ändere sich ja doch nichts. Manche aber verfolgen jeden Schritt der Politik im Land und im Bund und haben sich eine dezidierte Meinung gebildet, die sie begründen und dementsprechende Erwartungen haben.

Rosemarie Kau (69). „Für mich ist die SPD die sozialere Partei. Da muss jetzt ein Wechsel her.“
Rosemarie Kau (69). „Für mich ist die SPD die sozialere Partei. Da muss jetzt ein Wechsel her.“ © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

Bundespolitik strahlt auch immer auf die Landespolitik aus

„Die Bundespolitik strahlt auch immer auf die Landespolitik aus“, ist sich etwa Rosemarie Kau (69) sicher. Bundeskanzler Scholz handele gerade in diesen schwierigen Zeiten sehr umsichtig und klug. Und er sei ja auch an der Seite von Thomas Kutschaty, dem stellvertretenden Bundesvorsitzenden der SPD und Spitzenkandidaten der Partei bei der NRW-Landtagswahl.

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Sie wähle auf jeden Fall die SPD, das habe sie immer gemacht – aus Überzeugung. „Für mich ist die SPD die sozialere Partei. Da muss jetzt ein Wechsel her.“ Sie hofft, dass Kutschaty, der heutige Chef der SPD-Landtagsfraktion, diesen Wechsel herbeiführen kann.

Hoffnung auf ein wieder besseres soziales Umfeld

Für völlig unfähig hält Günter Fürth (72) den jetzigen Ministerpräsidenten Hendrik Wüst. Dieser sei nur durch den Weggang von Armin Laschet auf diesen Posten gekommen und absolut fehl am Platz. „Ich hoffe, dass Thomas Kutschaty wieder einen Wechsel herbeiführen kann. NRW wählt ja traditionell SPD und ich möchte, dass das soziale Umfeld wieder besser wird.“ Außerdem habe die Partei die besseren Antworten auf die Herausforderungen in Ausbildung, Bildung und im Schulsystem.

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Preisanstiege allerorten

Die meisten Bürger erhoffen sich von der nächsten Landesregierung – gewählt wird in Nordrhein-Westfalen am 15. Mai – eine spürbare Entlastung ihrer angespannten Wirtschaftslage.

Laut dem Datenportal Statista stiegen vor allem Heizöl und Kraftstoffe völlig extrem an. Gegenüber dem Vorjahresmonat war im März 2022 ein Anstieg von 63,6 Prozent zu verzeichnen.

Bei Strom, Gas und anderen Brennstoffen zogen die Preise um 35,3 Prozent an. Alleine für Gemüse mussten die Bundesbürger im März 12,4 Prozent mehr bezahlen als vor einem Jahr, Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke schlagen mit 7,3 Prozent zu Buche.

Auch eine frühere Lehrerin, die ihren Namen nicht nennen möchte, sehnt den Wechsel herbei. „Ich habe nur einen Wunsch: FDP-Schulministerin Gebauer muss weg.“

Das Krankenhauspersonal soll endlich mehr verdienen

Regina Garmerschlag dagegen wünscht sich, dass das Krankenhauspersonal endlich mehr verdient für die enorm viele Arbeit, die es leistet. Auch sie möchte einen Wechsel, damit mehr Pflegekräfte eingesetzt werden und auch sie mehr Geld verdienen. „Ich hoffe, dass das gelingt, wenn die Landesregierung wechselt.“

Patrick Steffen (24): „Wählen gehe ich auf jeden Fall.“
Patrick Steffen (24): „Wählen gehe ich auf jeden Fall.“ © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

Patrick Steffen, der eine duale Ausbildung zum Fitnessökonom macht, hat sich noch nicht entschieden, was er wählen wird und sich mit den Programmen der Parteien noch nicht intensiv befasst. Er hat es bei früheren Wahlen schon mal mit dem Wahl-O-Mat versucht und geforscht, welches Parteiprogramm am besten zu seinen Vorstellungen passt. Aber auch Gespräche mit Freunden sind für ihn wichtig bei der Entscheidungsfindung. Eins ist für den 24-Jährigen ganz klar: „Wählen gehe ich auf jeden Fall.“

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Das will auch Karoline Stebel, die auch einen klaren Wunsch an die verantwortlichen Parteien nach der Landtagswahl in NRW hat: „Es müssen endlich bezahlbare Wohnungen her.“ Die 30-Jährige, die ein kleines Kind hat, hat sich in der Region nach Häusern und Wohnungen umgesehen.

Karoline Stebel (30): „Es müssen endlich bezahlbare Wohnungen her.“
Karoline Stebel (30): „Es müssen endlich bezahlbare Wohnungen her.“ © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

„In Sprockhövel gab es zwei Neubaugebiete. Nirgends waren Wohnungen unter 400.000 Euro zu haben. So viel Geld für eine Wohnung…“, sagt sie entsetzt. Und in Bochum könne man von 800.000 Euro für ein Haus ausgehen. Das sei doch krank. Noch auf ihrer Wunschliste steht, dass die Politik mehr für Familien tun soll.

Natalia Herdt wünscht sich derweil, dass sich die Politik viel mehr für die Einwohner einsetzt, die jetzt so tief in die Tasche greifen müssen, um etwa Lebensmittel zu bezahlen. „Ich war auf dem Markt, habe ein wenig Spargel und Kartoffeln gekauft und acht Euro gezahlt. Wo soll das noch hinführen?“ Die 300 Euro Energiepauschale, die Arbeitnehmer jetzt erhalten sollen, müssten ja auch noch versteuert werden. Das sei bei dem enormen Preisanstieg viel zu wenig. „Die Menschen müssen entlastet werden.“

Frank Finkenstein (56): „Die Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen müssten dringend entlastet werden.“
Frank Finkenstein (56): „Die Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen müssten dringend entlastet werden.“ © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

„Machtlos ist die Politik ja keinesfalls“

Das findet auch Frank Finkenstein. Der 56-jährige hat gleich eine ganze Liste an Wünschen, da sei die Politik stark gefragt. „Wir schicken ja mittlerweile Waffen in die Ukraine. Und wer bezahlt das? Der deutsche Steuerzahler – wer sonst?“ Das Problem sei, dass nicht nur durch den Krieg das ganze Leben hier so teuer geworden ist. „Machtlos ist die Politik ja keinesfalls. Sie könnte die Mehrwertsteuer für Lebensmittel senken, die Steuer auf Benzin runtersetzen, machbar ist das alles“, sagt er. „Die Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen müssten dringend entlastet werden.“

Diese Meinung teilte er übrigens mit den meisten Befragten.