Hattingen/Witten. Die Jung-Landwirte Anna und Mario Rampérez-Carrasco aus Hattingen haben jetzt zwei mobile Hühnerställe. Kinder kommen zum Lernen und Spielen.
Kaum sind die zwölf Kinder über den Zaun gestiegen, sind sie schon von neugierigen Hühnern umringt. Denn die Bewohner des mobilen Stalls wissen, dass die kleinen Menschen Leckeres für sie dabei haben: Hafer und Möhren. Mehrere Tage war die Kita-Gruppe zu Gast auf der Wiese unweit des Kemnader Sees. Es war die erste Bildungskooperation des Hühnermobils von Anna und Mario Rampérez-Carrasco aus Hattingen – und es soll auch nicht die letzte sein.
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Kinder sind ohne Berührungsängste
„Es ist einfach toll zu sehen, wie die Kinder ohne jegliche Berührungsängste auf die Tiere zugehen“, sagt Mario Rampérez. Es sei wichtig, schon den Jüngsten ein realistisches Bild von Landwirtschaft zu vermitteln.
„Und dass das Ei eben nicht aus dem Supermarkt kommt.“ Er und Anna würden die Angebote für Kinder nun gerne ausbauen. Und auch sonst hat sich einiges getan, seit die ersten 460 Hühner an den See gezogen sind.
Seit Anfang des Jahres steht nicht mehr nur der weiße Hühnerstall an der Ecke zur Kleinherbeder Straße. Ein zweites mobiles Hühner-Zuhause hat sich dazugesellt. Auch darin leben 460 Tiere. Geplant sei das von Anfang an gewesen, erzählt das Hattinger Paar. Denn ein einzelnes Hühnermobil rechne sich wirtschaftlich nicht.
Spezielle Hybridrasse
Bei den Hühnern von Familie Rampérez handelt es sich um spezielle Hybrid-Rassen, die für die Eierproduktion gezüchtet wurden. Sowohl die braunen als auch die weißen Hühner (Lohmann Brown und Lohmann Selected Leghorn) gehören zu den beliebtesten Rassen in der deutschen Eierproduktion und werden in vielen Hühner-Großbetrieben eingesetzt.Die hohe Legeleistung von bis zu 330 Eiern im Jahr pro Huhn ist für die Tiere aber körperlich enorm anstrengend. Deshalb lässt die Eierproduktion nach einem Jahr deutlich nach und kann nach zwei Jahren sogar komplett aussetzen.
Die Hühner können sich auf zwei Ebenen bewegen. Die eine, Mario Rampérez nennt sie „Arbeitsebene“, ist zum Fressen, Trinken, Schlafen und Eierlegen da. Eine Etage tiefer ist der Boden mit Einstreu ausgelegt. „Der Bereich ist zum Spaßhaben“, sagt er.
Jeden Morgen gehen gegen zehn die Türen der mobilen Ställe auf. Bis dahin haben die meisten Tiere schon ihre Eier gelegt. „Dann können sie sich den Tag so gestalten, wie sie wollen: oben, unten oder draußen.“ Manche Hühner würden sich quasi schon die Schnäbel an der Scheibe platt drücken, bis sich die Türen öffnen, sagt der 42-Jährige. „Andere sind eher Stubenhocker, genau wie bei uns Menschen.“
Auf gut 700 Eier kommen die jungen Landwirte am Tag. Damit bestücken sie zwei Automaten. Die beiden Agrarwissenschaftler beliefern auch zwei Restaurants – das Cigo’s auf der Bochumer Seeseite und den Pfannkuchenhof in Herbede. Eigene Nudeln und Eierlikör lassen sie ebenfalls aus ihren Eiern herstellen.
Die Tiere stehen im Vordergrund
„Wir denken alles vom Huhn aus. Die Tiere stehen im Vordergrund“, sagen Anna und Mario Rampérez. So stammt die neue Hühnerschar von einem Aufzüchter aus Wuppertal – um die Wege und den Stress für die Tiere gering zu halten.
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Wenn das Wetter mitspielt, werden die 7,5 Tonnen schweren Ställe einmal pro Woche versetzt, damit die Hühner wieder frisches Grün in ihrem Auslauf finden. „Sie sind dann jedes Mal ganz aufgeregt, als wäre alles komplett neu“, erzählt Mario Rampérez. Dabei steht der Stall nur ein paar Meter weiter. Insgesamt hat das Ehepaar 1,2 Hektar Land von der Freizeitgesellschaft Kemnade gepachtet. Auf diesen platzieren sie die beiden Ställe immer wieder neu.
Und auch der letzte Gang des Federviehs soll möglichst schonend ablaufen. Statt kilometerweit zu einem Schlachter transportiert zu werden, kommt ein mobiler Schlachter in die Ruhrstadt. Denn nach Ostern ist für die Gruppe Hühner, die seit einem Jahr auf der Hevener Wiese picken und scharren, bereits das Ende ihres Lebens eingeläutet. „Da ist nicht schön, aber es gehört dazu“, sagt Anna Rampérez.
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Zum einen lasse bereits jetzt die Legeleistung der Tiere nach, die nun anderthalb Jahre alt sind. Zum anderen ist die Gruppe im Laufe des Jahres schon kleiner geworden – etwa durch Füchse oder Raubvögel. Von den ursprünglich 460 Hühnern im ersten Mobilstall sind noch geschätzt 350 übrig. Und neue Tiere dazuzusetzen, sei unmöglich. Das würden die vorhandenen Hühner nicht zulassen.