Hattingen. Düstere Aussichten für die Gastronomie: Heinz Bruns aus Hattingen, Chef von Haus Kemnade und Vize-Präsident der Dehoga in Westfalen im Interview.

Die Lage für die Gastronomie in der Corona-Pandemie wird immer dramatischer. Doch es kommt noch schlimmer, prophezeit Gastronom Heinz Bruns (61) aus Hattingen. Denn Preiserhöhungen allerorten – beim Lohn, beim Sprit, bei Lebensmitteln – würden sich demnächst auch bei der Restaurantrechnung bemerkbar machen. „Essen gehen wird zum Luxus“, sagt der Chef von Haus Kemnade und Vize-Präsident des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) Westfalen.

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Herr Bruns, Sie haben als Gastronom fast zwei Jahre am Markt nicht existiert, keine Gewinne eingefahren. Wie blicken Sie in die Zukunft?

Heinz Bruns: Ich hoffe jetzt erst mal darauf, dass die Hochzeitssaison mit entsprechenden Festen wieder anläuft. Aber hätte ich im Juli 2021 gewusst, was ich heute weiß, hätte ich aufgehört. Denn es wird sich ganz viel ändern.

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Wie meinen Sie das?

Wir hatten gerade Dehoga-Sitzung. Zum 1. Mai greift die Tariferhöhung für Beschäftigte. Die ist auch längst überfällig, die Leute haben das verdient. Die genaue Summe steht noch nicht fest. Aber Geringverdiener bekommen mindestens 2,50 Euro mehr. Wenn allein zehn solcher Leute im Betrieb tätig sind, macht das eine ordentliche Summe an Mehrkosten für uns aus.

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Aber das ist noch nicht alles ...

Ich zahle zehn Cent mehr pro Kilowattstunde Strom. Sprit ist teurer. Und vor allem gibt es einen saftigen Preisanstieg bei Lebensmitteln, nicht nur beim Kaffee. Das schlägt sich alles auf unsere eigenen Preise nieder. Ich schätze, um gewinnorientiert wirtschaften zu können, müssen wir zwischen 25 und 30 Prozent aufschlagen. Das echte Wiener Kalbsschnitzel wird die 30-Euro-Marke knacken. Ein Bier in einer Innenstadt-Kneipe wird zwei Euro statt nur 1,50 kosten. Außerdem wissen wir nicht, ob die Mehrwertsteuer auf Speisen, die wegen Corona von 19 auf sieben Prozent gesenkt wurde, nicht wieder angehoben wird.

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Was passiert, wenn Wirte ihre Preise nicht anpassen?

Gedrückte Stimmung in der Gastronomie

In der aktuellen Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer (IHK) im Mittleren Ruhrgebiet haben 70 Prozent der Gastronomen aus der Region angegeben, dass ihre Geschäftslage schlecht sei.

Um Umsatzrückgänge zu kompensieren, greifen sechs von zehn Wirtinnen und Wirten ihr Eigen­kapital an. Zwölf Prozent fürchten sich vor einer Insolvenz, knapp ein Drittel von ihnen rechnet in Zukunft mit noch schlechteren Geschäften.

Dann können sie gleich zumachen. Aber wenn Getränke und Gerichte teurer werden, werden auch die Gäste das vermutlich nur eine Weile mitmachen. Viele verstehen nicht, warum wir Preise anheben müssen. Das war schon bei der Umstellung auf den Euro so, obwohl wir damals genau umgerechnet und nur gerundet haben. Trotzdem werden auch wir uns demnächst wieder intensiv mit der Gestaltung der Speisekarte auseinandersetzen müssen. Vermutlich erhalten einfache Lokale bald mehr Zulauf, weil der Preisanstieg im Vergleich zur gehobenen Gastronomie geringer ausfällt.

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Was wird sich bei Ihnen noch ändern?

Vielleicht müssen wir überlegen, einen Tag mehr zu schließen. Und wir müssen notgedrungen auf manches verzichten, können zum Beispiel Senioren-Busgruppen auf Anfrage keinen günstigen Mittagstisch mehr anbieten. Vereine, die kein eigenes Vereinsheim haben und sich stattdessen in der Gaststätte treffen – das wird es nicht mehr geben. Da gehen ganze Sozialstrukturen kaputt – und eigentlich hat das schon begonnen.