Hattingen. Ein Gebrauchtwagenhändler aus Hattingen soll gewerbsmäßig betrogen haben. In über 20 Fällen muss er sich jetzt vor dem Amtsgericht verantworten.

Die Liste der Vorwürfe ist lang, doch im Kern sind es immer wieder die gleichen: falsche Kilometerstände, Schadstoffklassen oder Fahrgestellnummern, außerdem nicht ausgelieferte Fahrzeuge, falsche Autos oder Papiere. Fast eine halbe Stunde braucht der Staatsanwalt, um die über 20 Fälle zu verlesen, die einem Gebrauchtwagenverkäufer aus Hattingen zur Last gelegt werden.

Autohändler aus Hattingen schiebt falsche Daten auf Import-Prozess

Der allerdings ist sich keiner Schuld bewusst. Sowohl die falschen Daten und Fahrzeugpapiere, als auch die langen Wartezeiten führt er darauf zurück, dass er die Autos aus den Niederlanden kauft. Im Zuge der Umschreibung nach Deutschland, was über weitere Anbieter geschieht, sei es zu Übertragungsfehlern gekommen. „Das führt dann dazu, dass ein Auto, das mit Allrad-Antrieb auf der Straße steht, laut Papieren plötzlich einen Frontantrieb hat“, erläuterte der Verteidiger. Der Händler habe also nicht das falsche Auto verkauft – in den Papieren standen die falschen Angaben.

Auch bei den Kilometerständen weist der Angeklagte jede Schuld von sich. „Er hat sich drauf verlassen, dass das stimmt, was im Kaufvertrag steht“, hält sein Anwalt fest. Darauf allerdings hatten sich wohl auch die Kunden des 31-Jährigen verlassen, von denen am ersten Verhandlungstag fünf ihre Aussagen machen.

Falsche Versprechen und lange Wartezeiten

So hatte der Hattinger einem Mann aus Essen im Juli 2020 einen vermeintlich fahrbereiten Opel Meriva verkauft. „Nach drei Wochen kam das Auto auf dem Trailer“, erinnerte sich der Essener. Und zwar entgegen der Abmachung unangemeldet und auch ohne Papiere. Die kamen erst im August. Als der 60-Jährige das Fahrzeug dann selbst anmelden wollte, erlebte er eine weitere böse Überraschung: Beim TÜV fiel der Wagen durch, rund 1500 Euro habe er noch hereinstecken müssen. „Dabei hat er ihn als TÜV-frei verkauft“, verdeutlicht der Zeuge.

Ein anderer Geschädigter war an einem Samstag im Februar 2020 wegen eines Opel Corsa extra aus Hessen nach Hattingen gereist. Der 42-Jährige bezahlte den Kleinwagen bar, verabredete kleinere Reparaturen mit dem Angeklagten, reiste mit den Papieren wieder ab und meldete das Auto montags in seiner Heimatstadt an. Als er es dann, wie besprochen, dienstags abholen wollte, war die Firma geschlossen.

Kunden fühlen sich um Anzahlung oder Kaufpreis betrogen

Die ganze Woche habe der Hattinger sich herausgeredet, wollte den Wagen dann freitags liefern. Doch am Freitagabend rief der Händler an: Das Auto habe einen Unfall gehabt. Der Käufer meldete das Auto also wieder ab und forderte sein Geld zurück.

Das Auto sei doch nicht kaputt, habe es nach zwei Wochen plötzlich geheißen, er könne es nun abholen. Das kam dem Hessen komisch vor, woraufhin er wieder nach Hattingen reiste. Dort fand er den Corsa in unverändertem Zustand vor: „Ich glaube, das Auto wurde gar nicht bewegt.“ Bis heute hat er weder sein Geld zurück, noch das Auto bekommen.

Ähnlich eine Kundin aus der Eifel: Nach ihrer Anzahlung habe der Angeklagte sich entgegen seiner Versprechungen nicht mit den Daten gemeldet, die sie gebraucht hätte, um ein Überführungskennzeichen zu organisieren. Auch auf mehrmaliges Nachfragen per Whatsapp nicht. Mittlerweile hat sie ein anderes Fahrzeug angeschafft und bekommt noch im Gerichtssaal ihre 500 Euro Anzahlung zurück.

Auch Zivilverfahren im Gang

Prozess wird Gericht noch länger beschäftigen

Nach gut sechs Stunden ist der erste Verhandlungstag zu Ende. Doch dass der Prozess das Schöffengericht noch für längere Zeit beschäftigen wird, steht schon jetzt fest. 15 Zeugen sind bereits für die kommenden Verhandlungstage geladen, und es könnten weitere folgen. Die Verhandlung wird am 15. Dezember fortgesetzt.

Damit gibt sich ein weiterer Kunde, diesmal aus Laer, nicht zufrieden. Auch er hatte Geld für ein Auto angezahlt, das er mit frischem TÜV bekommen sollte. Was auch geschah, jedoch mit weiteren Mängeln, die ihm verschwiegen wurden – so sagt er. Parallel zum Strafverfahren versucht er nun, 76.000 Schadenersatz in einem Zivilverfahren geltend zu machen.

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