Hattingen. Ausgehungert dürsten Comedyfans nach Futter. Bei den „Nachtschnittchen“ in Hattingen haben sie es bekommen. Ein Befreiungsschlag fürs Zwerchfell.
Entspannter kann ein Abend nicht mehr sein: Nach anderthalb Jahren Lockdown für Künstler und mitleidende Coemdy-Fans hat Helmut Sanftenschneider als Gastgeber der „Nachtschnittchen“ einen echten Höhepunkt auf die Beine gestellt. Mit Berhane Berhane, Mathias Reuter und Heinz Gröning, der kurzfristig für Zauberer Alexander Lehmann eingesprungen war, stehen Künstler auf der Bühne, die der Bezeichnung alle Ehre machten.
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Von Anfang an ist die Stimmung ausgelassen und fröhlich. Das lieg auch daran, dass das Corona-Konzept so perfekt umgesetzt ist, dass sich die Besucher nicht gegängelt fühlen. Die Nachweise, dass man geimpft, genesen oder getestet ist, ist die einzige Schleuse am Anfang, die alle gelassen hinnehmen. Während der Veranstaltung stehen die Tische weit genug auseinander, sind aber vor der Bühne so geschickt angeordnet, dass man das Gefühl hat, der Raum sei rappelvoll. Warme Lichter auf den Tischen füllen den Raum mit romantischer, kuscheliger Atmosphäre.
Künstler nehmen das Publikum mit in eine Welt der Leichtigkeit
Das macht es auch den Künstlern einfach, das Publikum gleich mitzunehmen in die Welt der Leichtigkeit, die alle so lange vermisst haben. Berhane Berhane etwa geht erst einmal auf seinen Namen ein: „Ich heiße wirklich so, das ist kein Druckfehler.“ Dann lässt er das Publikum raten, wo er wohl geboren sein könnte. Äthiopien ist’s, erraten hat das niemand. Mit sechs Jahren kommt er nach Deutschland und wächst in Heidelberg auf. Mit unglaublicher Lässigkeit und ganz ohne Groll erzählt er, was er so erlebt mit seinem Deutschland.
Vor einiger Zeit sei er nach München gezogen. Immer wieder wird er gefragt, ob er Flüchtling sei. „Ja, ich bin von Baden-Württemberg nach Bayern geflohen“, sagt er. Und wenn er dann mit ganzem Körpereinsatz schildert, wie reflexartig manche Menschen, die ihm begegnen, die Handtasche fest unter den Arm klemmen, weil sie offenbar mit dunkler Hautfarbe Kriminalität verbinden, dann macht er es dem Publikum trotzdem leicht, schallend aufzulachen.
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Matthias Reuter aus Oberhausen erzählt, dass er Literaturwissenschaften studiert hat. Also eine brotlose Kunst. Damit hätte er Taxifahrer werden können. „Ich habe es nicht gemacht, das ist mein Geschenk an den deutschen Straßenverkehr.“ Auch die Besucher finden offensichtlich, dass seine Entscheidung sehr gut ist – denn sie sind begeistert von seinem Auftritt. Er singt, spielt Klavier, schreit seine Lieder und Wortwitze in die Menge und macht Werbung für Urlaub im Ruhrgebiet. „Bottrop, Kirchhellen, scheiß auf die Seychellen.“
2022 geht es mit den Nachtschnittchen weiter
Möglich macht die beliebte Veranstaltung in der Gastronomie Henrichs die Sparkasse Hattingen. Nach zwei wegen Corona verschobenen Terminen im November 2020 und im Februar 2021, hat es jetzt geklappt.
Im kommenden Jahr soll es mit den Nachtschnittchen weitergehen. Und auch die große Comedy-Gala soll wieder stattfinden. Normalerweise seien immer 550 Besucher zugelassen, so Marketingchef Udo Schnieders. Das werde wahrscheinlich nicht erreicht. Aber man halte auf jeden Fall an dem beliebten Konzept fest und gehe von entspannteren Zeiten 2022 aus.
Heinz Gröning, „der unglaubliche Heinz“, reißt die Gäste schließlich von den Stühlen. Der Macho, den er auf der Bühne gibt, ist dermaßen urkomisch, dass die Besucher nur noch befreit lachen und alle Scherze mitmachen. Kostprobe seiner Liederkunst: „Es gibt Männer, die verhüten nicht mit Tüten, sondern mit ihrem Gesicht. Ich erreiche das Gleiche mit meinem Namen – ich bin der Heinz.“
Der Abend ist ein Befreiungsschlag für Seele und Zwerchfell.
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