Hattingen. Endlich eröffnet das Freibad in Hattingen nach gelungener Reparatur, doch das Bäderteam begrüßt bei gutem Wetter nur wenig Gäste. Die Gründe.

Einen Strohhut auf dem Kopf und einer Sonnenbrille auf der Nase sitzt Roderich Löwenstein auf seinem „Ferrari“, der geräuschvoll über das Grün im Freibad fährt. Aus dem eigens angebrachten Radio erklingt Van Halens „Jump“. Ansonsten ist es ruhig im Freibad in Welper, das am Mittwochvormittag endlich erstmals in 2021 seine Pforten öffnet. Denn nur wenige Gäste steigen bei Sonnenschein und warmen Temperaturen ins Wasser.

Eine Dame hat die Liegewiese komplett für sich, die Fontäne im Planschbecken plätschert fröhlich – doch kein Kleinkind ist im Becken. „Die Wetterprognose hatte Wolken vorher gesagt, davon lassen sich die Menschen dann abschrecken“, weiß Magnus Frisch vom Bäderteam.

Nur wenige Schwimmer kommen zum Saisonstart ins Freibad Hattingen-Welper

Das übrigens ganz neue T-Shirts und Pullover erhalten hat. „Spaß im Bad“ verspricht darauf vorne ein lächelnder Delfin – und auf der Rückseite prangt der Schriftzug „Bäder-Team“. „Es dauert auch immer zwei bis drei Tage, bis sich herumgesprochen hat, dass das Bad geöffnet ist“, berichtet Monika Tober im Kassenhäuschen des Bades, dessen EröffnungReparaturarbeiten verzögert hatten.

Roderich Löwenstein hält mit seinem Aufsitzmäher, auf dem Ferrari-Aufkleber prangen, das Gras auf den Liegewiesen im Freibad Hattingen-Welper, das am Mittwoch in die Saison startet. Die Besucherzahl ist übersichtlich.
Roderich Löwenstein hält mit seinem Aufsitzmäher, auf dem Ferrari-Aufkleber prangen, das Gras auf den Liegewiesen im Freibad Hattingen-Welper, das am Mittwoch in die Saison startet. Die Besucherzahl ist übersichtlich. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Ingo Jablonski hat gleich mitbekommen, dass das Bad Gäste einlässt. „Mein Garten ist anliegend. Ich weiß, wann die Pumpen laufen und spreche auch mit den Angestellten.“ Für sich und seine Tochter hat er Tickets für die Morgenschicht online gebucht. „Man kann schlecht einschätzen, wie viele kommen, da wollten wir sicher gehen.“

Treue Schwimmer freuen sich über die Öffnung und hoffen auf eine lange Saison

Vermisst haben Vater und Tochter das Freibad. „Wir waren ein Mal an einem See, aber das Wasser war dreckig und ich war die einzige, die geschwommen ist. Es ist toll, endlich mal wieder hier zu schwimmen“, findet Leilani (10). Das Duo hat das nierenförmige Becken gerade komplett für sich. Das Wasser wellt sich leicht, die Sonne bricht sich auf der Oberfläche. Dazu die Aussicht ins Grüne. Idylle pur.

Badnutzung in Corona-Zeiten

Das Freibad Welper ist montags bis sonntags in zwei Schichten geöffnet: von 8 bis 13 und von 14 bis 19 Uhr. Pro Schicht dürfen 150 Gäste kommen. Wer sicher ein Ticket möchte, bucht online ab zwei Tagen im Voraus unter https://freibad-hattingenwelper.ticket.io/ Es ist aber auch ein kleines Kontingent Karten über den direkten Verkauf an der Kasse verfügbar (nur Bargeld-Zahlung möglich).

Maskenpflicht herrscht am Eingangs- und Kassenbereich, auf dem Weg zu den Umkleidekabinen. Auf der Liegefläche und im Schwimmbecken muss kein Mund- und Nasenschutz getragen werden. Das Duschgebäude ist geschlossen. Eintritt: 3,80 Euro, ermäßigt 1,50 Euro, Kinder unter vier Jahren und Begleitpersonen von Schwerbehinderten mit B- & H-Vermerk haben freien Eintritt.

15 Tickets für die Morgenschicht waren online gebucht. „Aber die meisten kommen und zahlen an der Kasse. Unsere Dauerschwimmer sind glücklich, dass wir wieder die Zehner- und Dreißigerkarten nehmen“, sagt Monika Tober.

Aufsicht Klaus Wuttke hat stets ein Auge auf die Schwimmenden im großen Becken des Freibades Hattingen-Welper. Die Gästezahl ist am Tag des Saisonstarts übersichtlich.
Aufsicht Klaus Wuttke hat stets ein Auge auf die Schwimmenden im großen Becken des Freibades Hattingen-Welper. Die Gästezahl ist am Tag des Saisonstarts übersichtlich. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Auf der Schwimmautobahn gibt es Normal- und Schnellbahnen

Zu den treuen Schwimmerinnen zählt Annette Valentin (61). Sie steigt für eine Stunde ins Schwimmerbecken und mag das Freibad. „Ich bin in Welper groß geworden, war von Anfang an dabei.“ In der Durstphase trainierte sie jetzt schon mal in Sprockhövel, ist nun aber froh, wieder Hattingen ins Wasser zu können. Sie wünscht sich von der Stadt mehr Flexibilität, was die Verlängerung der Saison betrifft, wenn das Wetter bis weit in den September hinein schön sein sollte.

Sieben Schwimmer sind im großen Schwimmbecken, das unterteilt ist in Normal- und Schnellbahn. Wann ist man schnell, wann normal schnell? Das fragt sich lachend auch Stefanie Kösters (3) mit ihrem Sohn Theo (10). Beide entscheiden sich dann für die Normalbahn der „Schwimmautobahn“, wie ein Schild titelt, das über das Verhalten auf den Bahnen aufklärt.

Gäste können online oder vor Ort Tickets kaufen

Dass sie online Karten buchen kann, findet Stefanie Kösters komfortabel. „Dann steht man an einem heißen Tag nicht in der Schlange und kommt vielleicht nicht rein, weil schon zu viele Badegäste da sind.“ Theo freut sich, nach einem Jahr endlich wieder schwimmen gehen zu können und zu gucken, „ob das noch geht“, erklärt er lächelnd. Seine Mutter nutzte schon zwei Mal das Freibad in Sprockhövel. Aber sie zieht Welper vor. Rationale Gründe gibt es dafür nicht. Sie sei schlicht kindheitsgeprägt. Früher ging es immer nach Welper. „Das hier bedeutet für mich Sommer.“

Der zweite übrigens, den Corona prägt. Die Absperrung des Sprungturms und der Rutsche zeugen davon, die Wartelinien auf dem Boden vor dem Kassenhäuschen, das Einbahnstraßensystem, die gesperrten Duschen, die schwarz-gelben Klebebänder, die die Sitzbänke zweiteilen.

Theo (10) trainiert im großen Becken des Freibades Hattingen-Welper und freut sich, dass die Saison endlich startet. Er ist einer der wenigen Besucher, die die Morgenschicht wahrnehmen.
Theo (10) trainiert im großen Becken des Freibades Hattingen-Welper und freut sich, dass die Saison endlich startet. Er ist einer der wenigen Besucher, die die Morgenschicht wahrnehmen. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Der Kiosk ist noch geschlossen

Dass der Kiosk noch geschlossen ist, hat übrigens nichts mit Corona zu tun. „Der Kiosk ist privat. Wir haben dem Betreiber Bescheid gesagt, er entscheidet aber selbst, wann sich das Öffnen für ihn lohnt.“

Löwenstein dreht derweil auf seinem Sitzrasenmäher, auf dem der Ferrari-Aufkleber prangt, Runde um Runde. Der feuchte Sommer hat Konsequenzen: „Ich habe das Gefühl, dass abends einer die gemähten Grashalme wieder rauszieht. Und die Sträucher wachsen auch wie verrückt.“ Und dann brummt er auch schon wieder los mit seinem Ferrari, mit dem er am Mittwoch keinen Liegenden ausweichen muss.