Hattingen. Transgender-Schauspieler Brix Schaumburg aus Hattingen ist ein Kind des Ruhrgebiets. Er spricht über Aufbruch, Aktivismus und das Heimatgefühl.
Wer kennt es nicht: Man ist irgendwo im Urlaub und sieht plötzlich ein Auto mit Nummernschild der eigenen Heimatstadt am Hotel oder Strand stehen. „Dieses kleine Glücksgefühl, was dann in einem aufkommt, bekommen ich und meine Mutter, wenn wir ein Nummernschild entdecken, wo EN draufsteht“, sagt Brix Schaumburg, der in Hattingen geboren ist.
Der 31-Jährige ist der erste offiziell geoutete Transgender-Schauspieler in Deutschland. „Und ich würde mich freuen, wenn sich immer mehr Menschen einreihen.“ So setzt er sich neben der Schauspielerei auch für die Rechte von „LGBTQ+“-Personen ein und versucht in seinen Podcasts, sozialen Netzwerken und auf Touren Vorurteile abzubauen und zu informieren. Denn er beobachtet, dass nicht alle Menschen gleich behandelt werden und das es immer noch viele Vorurteile und Unwissenheit gegenüber Menschen gibt, die nicht heterosexuell sind.
Das bedeutet LGBTQ+
Die Abkürzung LGBTQ+ ist englisch und steht für lesbisch, schwul, bisexuell, transgender und queer. Das Pluszeichen lässt Platz für weitere Geschlechtsidentitäten.
Lesben und Schwule fühlen sich zu Personen des gleichen Geschlechts hingezogen
Bisexuelle Menschen fühlen sich zum gleichen sowie zum gegensätzlichen Geschlecht hingezogen
Transgeschlechtliche Menschen fühlen sich nicht dem Geschlecht zugehörig, welches ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde. So kann im Laufe des Lebens der Wunsch nach einer Geschlechtsangleichung entstehen
Als queer identifizieren sich Menschen, deren geschlechtliche Identität und/oder sexuelle Neigung nicht der heteronormativen Norm entspricht.
Im Pott passiert so viel auf wenig Quadratmetern
Gerade bereitet er sich auf den August vor, denn „der wird wild“. Im Harz bringt er nämlich sein erstes eigenes Theaterstück, mit dem Titel „Mensch sein“ auf die Bühne. Das Tanztheaterstück wird im Rahmen des Theaternatur-Festivals „Que(e)r durch den Wald“ gezeigt, dass sich in diesem Jahr mit dem Thema Diversität und Vielfalt auseinander setzt.
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Als kulturell vielfältig beschreibt Schaumburg auch seine Heimat, das Ruhrgebiet. „Dort passiert so unfassbar viel auf wenig Quadratmetern. Jeder quatscht mit jedem.“ Das Einzigartigste bleibt für ihn aber: der Stau. Dass man für neun Kilometer 45 Minuten braucht, habe er noch nirgendwo sonst erlebt.
„Ich musste weit weg laufen, um zu merken, dass die Probleme noch da sind“
Das „charmante Fleckchen Erde“, wie Schaumburg den Ruhrpott nennt, gebe ihm ein Gefühl von Heimat. Auch wenn er den Ort bereits im Alter von 16 Jahren für einige Zeit verlassen hat. „Es war der Klassiker: Ich musste weit weg laufen um zu merken, dass die Probleme immer noch da sind.“ Heute wisse er, dass er damals nicht vor sich selbst weglaufen konnte. Dennoch sei es gut gewesen zu gehen, um sich selbst zu finden.
Nach längeren Reisen, wie beispielsweise durch Neuseeland, kehrte Schaumburg nach Bochum zurück, wo er mit seiner Frau, mit der er nun eine gemeinsame, kleine Tochter hat, zwei Jahre lebte. Aus familiären Gründen entschied sich das Paar dazu, dem Pott den Rücken zu kehren und lebt jetzt in Marburg. „Die Fachwerkhäuser dort erinnern mich aber an Hattingen. Der Ruhrpott ist und bleibt mein Zuhause.“
„Ich bin schon ne krasse Ruhrpott-Olle“
Mit dem Musical „Das Dschungelbuch“ feierte Schaumburg 2017 seine Premiere in der Gebläsehalle der Henrichshütte. Es habe ihn gefreut, dass der Auftakt dort begann, wo er geboren wurde“, so der Schauspieler.
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In der Drag-Szene ist Brix Schaumburg als Miss Cherry La Boom bekannt. Und wenn man ihn frage, wie die so drauf ist, dann antworte er immer: „Ich bin schon ne krasse Ruhrpott-Olle.“ Denn die Eindrücke, die er hier gesammelt habe, seien immer in ihm.
In Zukunft möchte der Schauspieler vor allem eins: Weiter laut sein, damit sich etwas verändert. „Ich möchte mehr Vielfalt sowohl auf der Bühne, Leinwand und Straße sehen. Wir müssen aufhören in Schubladen zu denken und uns alle so akzeptieren, wie wir sind. Den Menschen das näher zu bringen, ist meine Mission.“