Hattingen. Ein ehrenamtlicher Drohnenpilot aus Hattingen rettet Leben: Vor der Ernte fliegt über Hattingens Felder um Rehkitze aufzuspüren.
„Die Verwesungsgifte eines toten Rehkitzes verderben das Gras, das die Bauern ihrem Vieh als Heu füttern“, sagt Maik-Thiemo Müller. Das Vieh könne dadurch krank werden und sogar umkommen – „ein hoher finanzieller Schaden der Bauern ist die Folge“, erläutert der 31-Jährige weiter. Ihm persönlich sei der Tierschutz sehr wichtig. „Deshalb engagiere ich mich nun ehrenamtlich bei der Rehkitz-Suche als Drohnen-Pilot in Hattingen.“
Zwei Fliegen mit einer Klappe, meint der gebürtige Essener, der im vergangenen Jahr nach Hattingen zog. „Jedes Leben sei wert, geschützt zu werden, sagt der hauptberufliche Erzieher. „Auch den Kindern bringe ich Respekt vor dem Leben bei.“
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Rettungsnetzwerk: Rehkitz-Rettung und Behördenhilfe
Vom Fliegen sei er schon immer fasziniert gewesen. „Ich habe gerne Flughäfen besucht und auch lange Flugsimulationen am PC gespielt.“ Der Kauf einer Drohne sei die logische Konsequenz, seine erste für 30 Euro sei aber sehr schnell kaputt gegangen. Der nächste „Copter“ sei für 1200 Euro zwar bereits viel professioneller – doch für seine Zwecke nicht ausreichend gewesen, erzählt Müller.
Diese Zwecke sind Tätigkeiten des deutschlandweiten Rettungsnetzwerks, auf das er zufällig aufmerksam geworden ist. Dieses Netzwerk hilft neben der ehrenamtlichen Rehkitz-Rettung auch Behörden auf Anfrage: bei Vermissten-Suchen oder bei Bränden. „Doch für all’ diese Tätigkeiten fehlte bei meiner Drohne eine Wärmebildkamera“, sagt Müller. Er habe zwar eine Rehkitz-Suche mit seiner alten Drohne bei einem Bauern durchgeführt, aber schnell gemerkt, dass es ohne Wärmebild einfach nicht funktioniere.
Eine gebrauchte Drohne zu 2700 Euro fürs Ehrenamt
Auch unabhängig von seiner Tierschützer-Einstellung sei die Rehkitz-Suche für ihn die attraktivste Tätigkeit beim Rettungsnetzwerk, da es sich durch Wochenendtermine problemlos mit seinem Beruf vereinbaren ließe – „bei Bränden oder Vermissten-Suchen ist das natürlich eher schwierig, aber wenn es zeitlich passt, bin ich auch da dabei.“ Doch zuerst musste eine neue Drohne her: „Eine mit Wärmebildkamera kaufte ich zu 2700 Euro gebraucht von einem Piloten-Kollegen, der damit letztes Jahr 30 Rehkitze rettete!“
Abstände sind gesetzlich vorgeschrieben
Und das läuft so ab: Müller und auch das Rettungsnetzwerk werben – beispielsweise in den Sozialen Netzwerken – für Ihre ehrenamtliche Tätigkeit, „die meisten Bauern kontaktieren uns darüber.“ Bei einem ersten Telefonat müssen neben den organisatorischen auch die rechtlichen Angelegenheiten geklärt werden. Gesetzlich vorgegeben sei für fliegende Drohnen nämlich zwingend eine Distanz von 100 Metern zu Autobahnen, Hochspannungsleitungen, Krankenhäusern, Bundeswasserstraßen und staatlichen Gebäuden, zu Flughäfen sind es sogar eineinhalb Kilometer. „Ansonsten benötigen wir eine Sondergenehmigung von der Stadt und dem Luftfahrtbundesamt, erläutert er, „die wir aber normalerweise auch problemlos zeitnah erhalten.“ Ist das geklärt, kann die eigentliche Suche starten.
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Jungtieren fehlt der Fluchtinstinkt
„Die Rehkitz-Suche ist übrigens nur nötig, da Rehkitze einen angeborenen Drückreflex haben.“ Durch diesen blieben sie im hohen Gras liegen, anstatt zu flüchten – vor Fressfeinden gut geschützt, doch den Mähwerken der Bauern hilflos ausgeliefert. Ein durchschnittliches Feld von ein bis zwei Hektar Größe überfliege Müller mit einem systematischen Suchraster „dafür brauche ich ungefähr dreißig Minuten.“ Viel länger darf der jeweilige Auftrag nicht dauern, denn nach einer Stunde seien die Akkus leer. „
Finden wir ein Kitz, sichert es ein Helfer oder der Bauer am Rande des Feldes.“ Eine nicht ganz einfache Angelegenheit: „Wichtig ist, das Kitz nicht mit den Händen zu berühren.“ Denn nur dann hole das Muttertier, die Ricke, ihr Junges abends ab. Die Rehkitz-Rettung sei einfach enorm wichtig, findet Müller, „und ich hab’ beim fliegen viel Spaß!“
Kontakte zur Rehkitz-Rettung
Die Rehkitz-Saison dauert von März bis Mai, jedes Jahr fallen etwa 100.000 Tiere den Mähmaschinen versehentlich zum Opfer, schätzt Müller. Alternativen zur Suche per Drohne, wie das Aufhängen von blauen Tüten auf dem Feld, helfen wenn überhaupt nur kurzfristig, da sich die Tiere daran gewöhnen.Der ehrenamtliche Drohnen-Pilot Maik-Thiemo Müller kann über Facebook kontaktiert werden: www.facebook.com/Rehkitzrettung-Hattingen-102324588449678 oder per Email: thiemue@aol.com. Das Rettungsnetzwerk ist sowohl über die Webseite www.rettungsnetzwerk.eu als auch auf Facebook kontaktierbar: www.facebook.com/Rettungsnetzwerk. Neben Müller gibt es über das Rettungsnetzwerk einen weiteren ehrenamtlichen Drohnen-Piloten in Hattingen.