Hattingen. Zum Valentinstag hat die WAZ Hattingen im Stadtarchiv zwei Liebesgeschichten gefunden. Es geht um eine Kriegsflüchtige und eine Miss Germany.
Zwei Frauen, zwei Leben, zwei Lieben. Im Stadtarchiv finden sich diese beiden Liebesgeschichten zweier Hattingerinnen, die unterschiedlicher kaum sein können.
Es ist ein Erlebnis, an das sich Emmy H. noch 60 Jahre später zurückerinnert hat. Bis vor wenigen Jahren lebte die Seniorin in Hattingen. Emmy H. arbeitete während des Zweiten Weltkriegs im Industriewerk Henrichshütte. Die damals 20-Jährige lernte dort im Sommer 1941 einen französischen Kriegsgefangenen kennen. Die beiden tauschten kleine Briefe und Schokolade aus.
Gemeinsam nach Frankreich geflohen
Im Zweiten Weltkrieg war den Deutschen der Umgang mit Kriegsgefangenen aus dem Ausland verboten. Als die Beziehung der beiden aufflog, wurde die junge Frau von der Polizei vernommen und eingeschüchtert. Aus Angst, verhaftet zu werden, beschloss sie, mit ihrem Freund gemeinsam nach Frankreich zu fliehen.
Ihr Weg führte erst zu Fuß zum Bochumer Hauptbahnhof, dann mit der Eisenbahn nach Koblenz, und schließlich nach Besancon, einer unbesetzten Stadt in Frankreich. Dort trennten sich ihre Wege. Der französische Kriegsgefangene kehrte in seine Heimat zurück und Emmy H. kam in einem Emigrationslager unter.
Zwei Jahre und sechs Monate Zuchthaus
Doch nach der jungen Frau wurde bereits polizeilich gesucht. Ein Jahr nach ihrer Flucht folgte ihre Verhaftung und Emmy H. wurde zurück nach Deutschland gebracht. Das Urteil: Zwei Jahre und sechs Monate Zuchthaus.
Dort hieß es, die Angeklagte habe „rein sinnliche Gefühle zu einem Ausländer höhergestellt, als die Liebe zum eigenen angestammten Vaterlande“. Selbst in der Nachkriegszeit wurde dieses Urteil nicht aufgehoben. Die bis vor wenigen Jahren in Hattingen lebende Seniorin Emmy H. war sich noch 60 Jahre nach den Ereignissen nicht sicher, ob sie aufgrund ihrer Beziehung zu einem Ausländer als vorbestraft gilt. Vom französischen Kriegsgefangenen, dem sie zur Flucht verhalf, hat die Hattingerin nie wieder etwas gehört.
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Die Miss Germany des Jahres 1963 hieß Helga Carla Ziesemer und fand in dem Hattinger Friseurmeister Udo Rosenkranz ihre große Liebe. Die einstige Kosmetikerin aus Nürnberg lernte den Friseurmeister Rosenkranz bei einer Europameisterschaft von Friseuren in Stuttgart kennen und lieben.
Gefeiert wurde im Parkhotel „Haus Schulenburg“
Obwohl die damals 19-Jährige bereits zahlreiche Heiratsanträge unter anderem aus den USA erhalten hatte, war ihr klar: „Ich heirate Udo.“. Die beiden heirateten am 17. August 1964 in der St. Georgskirche, die standesamtliche Trauung fand zuvor im Rathaus statt. Zur Hochzeit waren nur die engsten Verwandten des Paares eingeladen, allerdings versammelten sich an diesem Tag viele Zuschauer vor der Kirche, um zu gratulieren. Gefeiert wurde nach der Trauung im damaligen Parkhotel „Haus Schulenburg“ hoch über der Stadt.
Bildhübsch und elegant
Miss Germany erschien in einem leuchtend weißen Kostüm, auf dem Kopf trug sie einen großen Hut. Zeitungen betitelten die frisch verheiratete Frau als „bildhübsch“ und „elegant“.
Nach der Hochzeit arbeitete das Ehepaar Rosenkranz Seite an Seite im Friseursalon von Kurt Rosenkranz, dem Vater des Bräutigams. So wurde aus der einstigen Miss Germany eine Frau, die sich für ein bürgerliches Leben in Hattingen entschieden hatte, um ihrer großen Liebe nah zu sein.
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