Sprockhövel. Die Fassade der Zwiebelturmkirche in Sprockhövel bröckelt. Bei den Dacharbeiten ist aufgefallen, dass auch die Fassadensanierung drängt.

Die Kirche bröckelt. Das ist ganz wörtlich gemeint. Anfang des Jahres haben die Sanierungsmaßnahmen an der Zwiebelturmkirche begonnen - angefangen mit Dach und Dachstuhl. Doch dabei hat sich herausgestellt, dass auch die Arbeiten an der Fassade, die eigentlich der letzte Schritt des gesamten Sanierungsplans hätten sein sollen, nicht länger warten können.

Ruhrsandstein vertrug Hydrophobierung nicht

Denn der Ruhrsandstein, aus dem das Gotteshaus einst errichtet worden war, weist verschiedene Schäden auf: Zum einen gibt es Risse, die sich vertikal durch den Stein ziehen. Sie könnten statischer Natur sein, vermutet Geologin Karin Kirchner. Zum anderen brechen Schalen, regelrechte Platten, an der Außenseite der Steine ab. Als Grund dafür hat die Mineralstoff-Expertin Hydrophobierungsarbeiten in Verdacht.

Karin Kirchner zeigt die Schäden durch Hydrophobierung am Ruhrsandstein: Ganze Schalen lösen sich von den Steinen ab. Manchmal sind diese auch dicker und dann kann es gefährlich werden, wenn sie herunterfallen.
Karin Kirchner zeigt die Schäden durch Hydrophobierung am Ruhrsandstein: Ganze Schalen lösen sich von den Steinen ab. Manchmal sind diese auch dicker und dann kann es gefährlich werden, wenn sie herunterfallen. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Hydrophobierung bedeutet, eine Oberfläche wasserabweisend zu machen. „Das war sehr in Mode in den 1990er-Jahren“, weiß Kirchner. Unglücklicherweise verträgt der Ruhrsandstein dies gar nicht gut. Hinzu kommt, dass die Fugen zwischen den Steinen mit Zement angereichert worden sind. Sie sind nun stabiler als die Steine. Durch Verwitterung bilden sich Kanten, hinter die Wasser in die Steine läuft. Wegen der wasserabweisenden Schicht kommt es nicht mehr heraus, wenn es dann friert, sprengen Teile der Steine ab - die Fassade bröckelt.

Geologin muss jeden Stein anschauen und Gutachten schreiben

Aufgefallen waren solche Schäden schon früher. „Wenn man Schalen sieht, schickt man normalerweise einen Steinmetz vorbei, der sie abnimmt“, beschreibt Christian Haselhoff, Architekt des Kreiskirchenamtes. Doch im Zuge des Gerüstaufbaus für die Arbeiten an Dach und Dachstuhl war aufgefallen, dass die Fassadenarbeiten doch dringlicher sind, als ursprünglich geplant.

„Es gibt Steine, die sind hydrophobiert und lösen sich jetzt ab“, erklärt Haselhoff. „Aber es gibt auch Steine, die sind komplett falsch eingebaut worden.“ Dies zu beurteilen, ist nun die Aufgabe der Geologin Karin Kirchner. „Sie muss sich jeden einzelnen Stein anschauen und dann ein Gutachten schreiben“, erläutert Architekt Haselhoff.

Feuchtigkeit, Pilze und Käfer haben den Dachstuhl zerfressen

Die Fassadenarbeiten grätschen nun in den eigentlichen Plan, zuerst das Dach zu sanieren. Denn das hat es ebenfalls nötig. Es regnet hinein, das führt zu Feuchtigkeit und entsprechenden Schäden im denkmalgeschützten Dachstuhl aus dem 18. Jahrhundert.

Die kleinen, kreisrunden Löcher stammen vom Gescheckten Nagekäfer. Er siedelt sich gerne in Holz mit Feucht-Pilzen an.
Die kleinen, kreisrunden Löcher stammen vom Gescheckten Nagekäfer. Er siedelt sich gerne in Holz mit Feucht-Pilzen an. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Im Holz hätten sich bestimmte Pilze gebildet, erklärt Christian Haselhoff, und die wiederum haben dafür gesorgt, dass sich der Gescheckte Nagekäfer im Dachstuhl heimisch fühlt. Kreisrunde Löcher zeugen von seinem Aufenthalt in dem alten Gebälk.

Das betrifft auch die Fußpfette - also den Balken, der auf dem Mauerwerk aufliegt und die Last des Daches verteilt. Er ist gebrochen, sodass es im Bereich der Zugstangen zu Rissen in Mauerwerk und Putz gekommen ist. Hier muss also Holz - aufgrund des Denkmalschutzes wohl nicht vollständig, zumindest aber in Teilen - ausgetauscht werden.

Eine Fußpfette ist gebrochen - das führt zu Rissen im Mauerwerk.
Eine Fußpfette ist gebrochen - das führt zu Rissen im Mauerwerk. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Und auch im Inneren der Kirche stehen Arbeiten an - zum Beispiel die Reparatur besagter Putzrisse. Die jedoch - ursprünglich als zweiter Bauabschnitt gedacht - sind nun erst einmal ans Ende der Planung gerutscht.

Rund 700.000 Euro fehlen

Aktuell kalkuliert Architekt Frank Schiffers, der sich mit Christian Haselhoff die Bauleitung teilt, einen Gesamtbetrag von rund 1,8 Millionen Euro für die komplette Sanierung. Zur Verfügung stehen aber - Stand jetzt - nur 1,1 Millionen, wie Pfarrer Arne Stolorz vorrechnet. Diese sind durch rund 400.000 Euro Spenden, Stiftungsgelder, Zuschüsse aus dem Härtefonds des Kirchenkreises und Rücklagen der Gemeinde zusammengekommen.Es fehlen also noch 700.000 Euro, um die Zwiebelturmkirche instandzusetzen. Pfarrer Arne Stolorz hofft deshalb, dass die Spendenbereitschaft der Sprockhöveler weiterhin hoch bleibt.