Ein Essener Wasserversorger ist künftig für die Abwasserentsorgung von Hattingen zuständig. Das entlastet die klamme Stadtkasse.
Mit der Einlassung eines Kanaldeckels aus Messing direkt vor dem Rathaus haben die Stadt Hattingen und der Ruhrverband ihr Kanalgeschäft im Juni 2020 feierlich besiegelt. Jetzt fließt das Geld. 115,5 Millionen Euro zahlt der Essener Wasserversorger der Stadt dafür, dass er ihre Abwasserbeseitigung übernehmen darf. Das sind knapp fünf Millionen Euro mehr, als im Verlauf der jahrelangen Verhandlungen stets genannt worden war. Grund: Der Ruhrverband kann inzwischen von günstigeren Refinanzierungsmöglichkeiten profitieren.
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Geld des Wasserversorgers entschuldet die Stadt Hattingen
Wie vom Rat der Stadt im April 2019 beschlossen, hat Kämmerer Frank Mielke die Ausgleichszahlung in vollem Umfang zur Entschuldung der klammen Stadtkasse eingesetzt. Kassenkredite in Höhe von 97,7 Millionen Euro sind getilgt oder vom Ruhrverband übernommen worden. „Damit haben wir unsere Liquiditätskredite auf einen Schlag von 135 auf rund 38 Millionen Euro zurückgefahren“, freut sich Frank Mielke. Entsprechend wird der Kämmerer dem Stadtrat vorschlagen, die absolute Obergrenze für Kassenkredite von einst 170 und zuletzt 150 auf nunmehr 55 Millionen Euro zurückzunehmen.
Mit zusätzlichen 17,8 Millionen Euro tilgt die Stadt Investitionskredite. Zusammen liegt die Entschuldung bei exakt: 115.512.521 Euro.
Kanalgeschäft politisch umstritten
Fast vier Jahre haben beide Seiten die Übertragung des Kanalnetzes vorbereitet. Auch für den Ruhrverband ist die Einigung die umfangreichste. Vier der 60 Mitgliedsstädte haben ihre Abwasserbeseitigungspflicht bisher übertragen. Hattingen ist die größte davon.
Politisch war das Kanalgeschäft umstritten. SPD, Grüne und FDP waren dafür. CDU, Linke und Linke-Piraten dagegen. 27:18 lautete im April 2019 das Ergebnis der Abstimmung für die Übertragung. Zum ersten Mal seit 28 Jahren erfolgte das Votum namentlich.
Stadt profitiert finanziell vom Kanalgeschäft
Frank Mielke betont, das Kanalgeschäft helfe der Stadt sehr, auch wenn kein Bargeld fließt. „Wenn wir Liquiditätsbedarf haben, ist das künftig kein Problem – und das gilt nicht nur, aber auch für Corona“, sagt der Kämmerer.
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Durch die Tilgung der höher verzinsten Kommunalkredite erzielt die Stadt zusätzliche positive Effekte für den Haushalt. Insgesamt verringert sich der Zinsaufwand zusätzlich um 3,2 Millionen Euro. 1,3 Millionen davon entfallen auf die kommenden vier Jahre. „Dadurch kann zumindest ein kleiner Teil der zu erwartenden Etatverschlechterungen durch die Corona-Pandemie kompensiert werden“, macht Frank Mielke klar.
Weitere Effekte: Auch bei steigenden Zinsen stehe die Stadt nun erheblich besser da. Und schließlich könne auch das Personal, das sich nun nicht mehr um das Kanalnetz kümmern muss, in anderen Bereichen der Stadtverwaltung sinnvoll eingesetzt werden.