Hattingen. Schon in einer Woche soll das Impfzentrum des EN-Kreises in Ennepetal einsatzbereit sein. Die Politik in Hattingen fordert Transportlösungen.
Die Umbauarbeiten eines ehemaligen Discountergebäudes in Ennepetal zum Impfzentrum laufen auf Hochtouren. Wie es aussieht, wird der Ennepe-Ruhr-Kreis die Zielvorgabe des Landes, bis Mitte Dezember ein betriebsbereites Impfzentrum zu stellen, wohl punktgenau erfüllen: „Wenn uns der erste Impfstoff vom Land geliefert wird, dann werden wir gut aufgestellt sein. Wir könnten am Dienstag nächster Woche starten und mit dem Impfen beginnen“, so Landrat Olaf Schade. Die erste Impfstoff-Lieferung sei für Ende Dezember/Anfang Januar angekündigt. Wann genau und wie viel es sein wird, ist bislang nicht klar.
Zum Standort des Impfzentrums steht der Landrat weiterhin. Die Impfaktion erlaube „keine langwierigen Entscheidungen und kein Kirchturmdenken“: „Daher haben wir zugegriffen, als mit dem ehemaligen Aldi-Markt in Ennepetal eine geeignete Immobilie gefunden und sofort verfügbar war“. Der Standort sei „für alle Bürger im Kreis gut bis ordentlich zu erreichen“.
Einigkeit in der Lokalpolitik: Standort nicht optimal
Das sieht man Nordkreis anders. So sagt etwa Hattingens CDU-Stadtverbandsvorsitzer Gerhard Nörenberg: „Trotz allem halte ich die Entscheidung für nicht richtig. Ein Zentrum hätte in die Mitte des Kreises gemusst.“ Seiner Ansicht nach wäre Sprockhövel-Haßlinghausen ein guter, da geografisch mittiger Standort gewesen. Hätte es dort keine Halle gegeben, hätte man sich mit Zelten und Leichtbauweise behelfen können. Allerdings räumt er ein: „Hier drängte ja auch die Zeit.“
Insgesamt kommen aber versöhnliche Töne aus der Hattinger Politik. „So richtig glücklich“ sei der Standort in Ennepetal zwar nicht, meint auch SPD-Stadtverbandsvorsitzender Manfred Lehmann, „aber wir befürchten, dass jeder andere Standort dann für andere schlecht erreichbar gewesen wäre“. Und auch FDP-Chef Robin Thiele meint: „Ein Zentrum im Ennepe-Ruhr-Kreis wird immer einen Standort haben, der für gewisse Städte nicht gut zu erreichen ist.“
Am pragmatischsten sieht es wohl Die Partei. Man stehe dem Vorgang gelassen gegenüber, sagt der Ortsverbandsvorsitzende Martin Wagner. Am Ende könne man es ohnehin niemandem Recht machen, daher brächte es auch nichts, jetzt noch über den Standort zu streiten. „Wir sind froh, dass man früh mit den Impfungen anfangen kann.“ Als einzige verweist Die Partei allerdings auf eine Baustelle nahe des zukünftigen Impfzentrums. Auch diese müsse idealerweise fertiggestellt sein, sobald das Impfen dort gestartet werde.
Lokalpolitik: Pragmatische Lösungen müssen her
Dennoch erwarten die Lokalpolitiker ein entsprechendes Reagieren auf weniger mobile Personengruppen: „Wichtig ist, dass diese Impfaktion niederschwellig durchgeführt wird“, betont SPD-Chef Lehmann. Der Kreis oder auch die Stadt müsse dafür sorgen, dass die Menschen das Zentrum gut erreichen können, sagt er und bringt etwa Shuttle-Busse ins Gespräch. Das sieht auch der CDU-Chef Nörenberg so: „Ich will da jetzt gar nicht über Zuständigkeiten sprechen, eine pragmatische Lösung muss her.“
Hattingens Bürgermeister Dirk Glaser sieht sogar ausdrücklich sich in der Pflicht, Lösungen für den Transport der weniger Mobilen zu finden: „Da sind wir als Stadtverwaltung gefordert.“ Zwar sei Ennepetal „auf den ersten Blick ungünstig“, jedoch sei während der Pandemie „keine Zeit für Gebietsansprüche“. Den Landrat beneide er um die Standortentscheidung nicht.
Nicht alle müssen ins Impfzentrum
Zudem erläutert Glaser in Übereinstimmung mit dem Kreis, dass nun nicht zu erwarten sei, dass Hunderttausende aus dem Nordkreis in den Südkreis reisen müssten. Auch Landrat Olaf Schade äußert sich entsprechend: „Viele Bürgerinnen und Bürger werden sich am Ende bei ihrem Hausarzt impfen lassen können. Sie müssen gar nicht zum Impfzentrum kommen.“
Wann genau die Impfungen in den Hausarztpraxen starten werden, steht allerdings nicht fest. Das Land NRW rechnet grob mit etwa einem halben Jahr. Wie viele Einwohner des Ennepe-Ruhr-Kreises bis dahin im Impfzentrum geimpft werden können, ist ebenfalls noch unklar. „Laut Auskunft des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales ist nicht mit so viel Impfstoff zu rechnen, wie ursprünglich geplant war“, erläutert ein Kreissprecher auf Anfrage der WAZ. „Danach wird das Impfzentrum in den ersten Wochen eher Logistikzentrum sein, um die Impfungen der Beschäftigten und Bewohner der Pflegeheime sowie der Beschäftigten in Kliniken sicher zu stellen.“
Sie stehen im Moment an erster Stelle, was die Impfungen angeht. Anschließend sollen Personen in häuslicher Pflege geimpft werden, ebenfalls durch mobile Impfteams. „Impfdose für Impfdose kann hoffentlich parallel auch das Zentrum in Ennepetal hochgefahren werden“, so Landrat Schade. „Ich bin mir sicher: Die Mehrheit derjenigen, die sich dort impfen lassen kann und will, ist bereit, die dafür notwendige Anfahrt auf sich zu nehmen.“
Mehr Pro-Argumente für Ennepetal
Neben dem leerstehenden Aldi in Ennepetal war auch die Gebläsehalle in Hattingen in der engeren Auswahl des Kreises als potenzieller Impfzentrums-Standort. „Letztlich hat es eine Abwägung des Pro und Contra gegeben“, erläutert ein Kreissprecher.
Für Ennepetal habe die Nähe zum Kreishaus, zur Leitstelle der Feuerwehr und zum Krankenhaus gesprochen, aber auch die direkte und durchgängige Verfügbarkeit des Aldi-Gebäudes. Räume und Parkplatz seien in den Händen eines Eigentümers und falls in den nächsten Monaten ein Kulturbetrieb wieder möglich sei, gäbe es keine Interessenkollision.