Sprockhövel. Der Leiter der Wilhelm-Kraft-Gesamtschule lobt den Umgang seiner Schule mit Corona. Scharfe Kritik übt er an der Politik des Ministeriums.

„Derzeit sind zwar drei Schüler in Quarantäne, aber nicht, weil sie selbst infiziert sind, sondern weil sie gegebenenfalls zu einem Infizierten Kontakt hatten oder aber jemand aus ihrer Familie vorsorglich in Quarantäne geschickt wurde“, teilt Christoph Uessem, Schulleiter der Wilhelm-Kraft-Gesamtschule in Haßlinghausen, mit. Die drei Schüler würden selbstverständlich mit Unterrichtsmaterialien wie Übungsaufgaben versorgt, ergänzt er. „Von unseren Lehrern sind bisher keine infiziert oder in Quarantäne“, erklärt der 65-Jährige, der die Schule seit 2009 leitet und kommenden Januar in Pension gehen wird.

Entwarnung durch das Gesundheitsamt

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Wirklich beeinträchtigt sei der Unterricht aktuell daher nicht, es seien auch keine Lerngruppen oder Klassen geschlossen. „Wir haben bisher einmal eine Jahrgangsstufe für zwei Tage vorsorglich in Quarantäne geschickt, weil ein Schüler infiziert war, wir wollten schnell reagieren, bevor das Gesundheitsamt reagiert. Das Amt gab aber schnell Entwarnung.“ Wie auch an den anderen Schulen verlangten die Hygiene-Konzepte den Lehrern und Schülern auch an der Wilhelm-Kraft-Schule einiges ab, meint Uessem: „Unsere Lehrer sind angehalten, tagesaktuelle Sitzpläne der Schüler zu erstellen und sie müssen selbstverständlich auch alle zwanzig Minuten lüften – das ist natürlich eine zusätzliche Belastung zur Lernstoffvermittlung.“ Mit der Akzeptanz des Maskentragens und auch Abstände einzuhalten gebe es keinerlei Probleme bei den Schülern, ältere Schüler diskutierten zwar immer mal wieder die Sinnhaftigkeit einzelner Maßnahmen, hielten sich aber diszipliniert an die Vorgaben, stellt der Schulleiter fest. „Ich bin stolz auf unsere Schüler. Ich beneide sie nicht, aber bewundere sie für ihre stoische Geduld, die Masken während des gesamten Unterrichts zu tragen und sich trotzdem rege zu beteiligen“, lobt er.

Sorge um den Schülertransport

Sorgen machen ihm und den Mitgliedern seines Lehrerkollegiums die Zustände in den Bussen, es sei einfach zu voll, um Abstände zu wahren. „Eine Entkrampfung kann nur durch eine Verdopplung der Busflotte oder durch alternierende Unterrichtsformen gelöst werden.“ Die Klassen aufzuteilen und sie abwechselnd einen Tag zu beschulen und einen Tag im Distanzunterricht zu Hause lernen zu lassen, sei für ihn die beste Lösung. „Ich weiß natürlich, dass dies auch eine Belastung für die Familien zu Hause darstellen würde, aber es würde sicherlich bei der Pandemie weiterhelfen.“ Da aber zurzeit das Infektionsgeschehen an seiner Schule gering sei, verfolge er diese Vorschläge nicht konkret, dies würde sich aber ändern, sollte das Infektionsgeschehen an der Gesamtschule zunehmen.

iPads bringen neue Herausforderungen

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Um digital gerüstet zu sein, würde derzeit diskutiert, hunderte iPads anzuschaffen. „Es gibt schöne Vorhaben, aber die Art und Weise, wie diese zeitlich und strukturell durchgeführt werden sollen, bis wir ausgestattet sind, ist extrem kritikwürdig“, ärgert sich der Pädagoge. So gebe es bisher keine Klärung in der Frage, wer die vielen Computer pflegen und administrieren soll, konkretisiert er. „Meine Kollegen sind zum Unterrichten ausgebildet, und nicht dafür, Software zu aktualisieren – dafür müssen Lösungen gefunden werden – bisher sind keine in Sicht!“

Irritierende Signale aus dem Ministerium

Er ärgere sich außerdem über die Schulministerin, die in der Presse bekannt gab, dass sie für ein Vorziehen und Verlängern der Weihnachtsferien sei, erzählt Uessem. „Am nächsten Tag riefen uns zig Eltern an, die nachfragten, wie es dann mit der Betreuung der Schüler aussehen würde – wir konnten ihnen nur antworten, dass wir bisher keinerlei Informationen vom Ministerium erhalten haben.“ Seiner Meinung nach wäre die Ministerin gut beraten, vorher die Konsequenzen ihrer Vorschläge zu bedenken, ärgert er sich. „Die Vorschläge der Schulen wie beispielsweise Alternativen zum Regelunterricht finden kein Gehör. Und kritisieren wir das Vorgehen des Schulministeriums, erhalten wir dazu nicht mal eine Antwort – das ist alles sehr unbefriedigend!“

Namensgeber der Gesamtschule

Nach Wilhelm Kraft, der von 1884 bis 1945 lebte, ist die Gesamtschule in Haßlinghausen benannt. Sie befindet sich in Trägerschaft des EN-Kreises.

Wilhelm Kraft, von Beruf Glasschleifer, war von 1919 bis 1932 Bürgermeister in Haßlinghausen, damals eine selbstständige Gemeinde und heute der Ortsteil von Sprockhövel, in dem die Wilhelm-Kraft-Gesamtschule liegt.

Wilhelm Kraft war ein sehr beliebter Bürgermeister und zeichnete sich durch seine aufrechte und unbeugsame Haltung gegenüber dem Nationalsozialismus aus.