Hattingen. Im Corona-Jahr wollen sich mehr Hattinger als sonst gegen die Grippe impfen lassen. Doch es gibt Lieferengpässe beim Impfstoff.
Einmal piksen und schon ist für einen Winter Ruhe – dank Grippeschutzimpfung. „Zu spät ist es eigentlich nie“, erklärt Dr. Rainer Fehmer, Hausarzt in Welper. Selbst im Dezember oder Januar mache die Impfung noch Sinn, um sich vor der Grippewelle im Februar zu schützen. Die Zahl der Hattinger, die sich die schützende Spritze beim Arzt abholen, sei in der Regel stabil bis steigend, meint Fehmer. Doch nicht 2020.
„In 35 Jahren habe ich das noch nicht erlebt“
Im Corona-Jahr sei die Nachfrage „riesig“, berichtet auch Hattingens Hausarztsprecher Dr. Willi Martmöller. „Wir hoffen, dass wir noch weiteren Impfstoff bekommen.“ Das Problem: Immer zum Jahresende werden die Praxen nach ihrem Bedarf abgefragt. Und die nehmen den Bedarf des aktuellen Jahres als Bezugswert. Heißt: Schon Ende 2019 wurden die Impfdosen für 2020 bestellt, die dann im September ausgeliefert werden.
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Obwohl Martmöller für seine Praxen sogar ein Viertel mehr bevorratet hatte, wird es nun knapp. „Innerhalb von zwei Wochen haben wir unseren ganzen Impfstoff verbraucht“, macht er deutlich – sonst reiche der für einen ganzen Winter. „In 35 Jahren habe ich das noch nicht erlebt!“ In der kommenden Woche könne er noch impfen, danach ist er quasi ‘ausverkauft’. Die Termine dafür sind längst vergeben.
Zuerst sollen Risikogruppen geimpft werden
Martmöller schätzt, dass es in diesem Jahr etwa 20 bis 25 Prozent mehr Hattinger sind, die sich impfen lassen wollen. Eine ungewöhnliche Schwankung - üblich seien fünf bis zehn Prozent, häufig davon abhängig, wie die Grippesaison im Vorjahr ausfiel.
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In der Welperaner Praxis, in der neben Dr. Fehmer vier weitere Ärzte arbeiten, seien es mindest doppelt so viele Anfragen wie sonst, schätzt der Mediziner. Allerdings gebe es eine Vorgabe der kassenärztlichen Vereinigung: „Zuerst sollen die chronisch Kranken geimpft werden“, so Fehmer. Beispielsweise Menschen mit Diabetes oder Lungenerkrankungen. Auch gesunde Patienten ab 60 Jahren bekommen schon jetzt die schützende Spritze sowie Arbeitnehmer aus Berufen mit höherem Ansteckungsrisiko, wie medizinisches Personal oder Lehrer. Auch der Arzt selbst hat sich gerade die Spritze von seiner Praxismanagerin setzen lassen.
Unklar, wann Nachlieferungen kommen
Alle anderen, die jungen Gesunden, sollen auf den „zweiten Rutsch“ warten. „Wir wissen, dass der Impfstoff in der Nachproduktion ist“, erklärt Fehmer, die Lieferung sei für Ende November angekündigt. Viel später als sonst. In diesem Punkt allerdings herrscht offenbar Verunsicherung. So erläutert Dr. Martmöller, dass er schon zwei Mal Impfungen nachbestellt habe, „aber es ist ja nichts da.“ Wann nachgeliefert werde, wisse er nicht.
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Beide sind sich allerdings einig, dass die Impfung empfehlenswert ist. Dr. Fehmer erklärt, dass es keine Daten dazu gebe, was passiert, wenn man beide Krankheiten gleichzeitig bekommt. „Die Leute, die Corona unterschätzen, sind die Leute, die auch die Grippe unterschätzen“, stellt der Mediziner fest, betont aber einen wichtigen Unterschied: Wer als Gesunder an der Grippe erkranke, könne wieder vollständig genesen – ohne Folgeschäden. „Bei Corona wissen wir es noch nicht.“
Knapper Impfstoff – Praxen führen Wartelisten
Zuerst sollen die Risikogruppen geimpft werden. Hattingens Hausarztsprecher Dr. Willi Martmöller schätzt, dass etwa 60 bis 70 Prozent dieser Patienten mittlerweile die Grippeimpfung bekommen haben.
Da der Impfstoff in manchen Praxen schon aufgebraucht ist, führen sie teilweise Wartelisten. Schon jetzt einen Impftermin für einen späteren Zeitpunkt auszumachen, sei laut Martmöller wenig sinnvoll, da nicht klar sei, wann es wieder Impfstoff gebe.
Wenn der Impfstoff wieder verfügbar ist, melden viele Praxen das auf ihren Internetseiten. Auch über die Medien will Martmöller diese Information dann verbreiten.