Hattingen. Nach einer lebensgefährlichen Messerattacke in Hattingen muss offenbleiben, wer der Täter war. Verurteilt wurden die beiden Angeklagten trotzdem.

Kaum war das Urteil gesprochen, konnte sich einer der beiden Angeklagten das Grinsen nicht verkneifen. Eine knappe halbe Stunde später fiel er seiner Freundin in die Arme. Zwei Jahre Haft auf Bewährung: So lautete am Dienstag das Urteil des Essener Landgerichts.

Der 27-Jährige wurde sofort aus der Untersuchungshaft entlassen. Dabei hatte der Staatsanwalt in seinem Fall sogar sieben Jahre Gefängnis gefordert – wegen Mordversuchs. Doch davon war im Urteil keine Rede mehr.

„Ein Mann fürs Grobe“

Für seinen mitangeklagten Freund lief es deutlich schlechter. Gegen ihn wurden zwei Jahre und zehn Monate Haft verhängt – wegen seiner vielen Vorstrafen. Er bleibt weiter im Gefängnis. „Einen Schläger“, nannte ihn Richter Martin Hahnemann bei der Urteilsbegründung. „Einen Mann fürs Grobe.“

Knapp sechs Monate ist es her, dass auf der Schulstraße in Hattingen ein Mann niedergestochen wurde. Dass er überlebt hat, war Glück. Das Zwerchfell war durchstochen, die Lunge getroffen. Aber wer war der Täter?

Opfer hatte nichts gesehen

„Wer auf das Opfer eingestochen hat, können wir nicht feststellen“, so Hahnemann bei der Urteilsbegründung. Eine Verurteilung wegen Mordversuchs komme deshalb nicht in Frage.

Das Opfer selbst hatte nicht gesehen, wer von den beiden Angeklagten ihn damals so schwer verletzt hat. Der Mann war in den Rücken getreten worden und zu Boden gestürzt. Dann spürte er auch schon die Klinge des Messers.

„Sie spielten Fußball mit seinem Kopf“

Verurteilt wurden die 27 und 26 Jahre alten Angeklagten trotzdem – wegen gefährlicher Körperverletzung. Sie waren an jenem 15. März 2020 schon nachmittags in einer Hattinger Werkstatt aufgetaucht und hatten dort einen Jugendfreund des 27-Jährigen angegriffen. Im Prozess war von Schlägen und Tritten die Rede.

„Sie spielten Fußball mit seinem Kopf“, so der Staatsanwalt in seinem Plädoyer. Dass es dabei nicht zu schweren Verletzungen kam, ist wohl nur dem Umstand zu verdanken, dass sich das Opfer mit den Armen geschützt hat. Auch die Freundin des Mannes wurde geschlagen und geschubst.

Opfer hatte mit dem Streit nichts zu tun

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Ein paar Stunden später kam es auf der Schulstraße schließlich zu einem zweiten Aufeinandertreffen. Diesmal hatte sich der Werkstattbesitzer auf die Suche nach den Angeklagten gemacht – gemeinsam mit einem Freund. Genau der, der mit der ganzen Sache überhaupt nichts zu tun hatte, ist schließlich so schwer verletzt worden.

Richter spricht von einem Denkzettel

Was hinter der Auseinandersetzung steckte, ist unklar geblieben. Ursprünglich war Eifersucht vermutet worden. Im Prozess war davon jedoch nichts übrig geblieben. Vielleicht ging es auch einfach nur um Autoreifen, die nicht schnell genug herausgegeben wurden. Im Urteil war auf jeden Fall von einem „Denkzettel“ die Rede. Die Angeklagten selbst hatten bis zuletzt geschwiegen.