Hattingen. Ungeschützter Sex im Hattinger Swingerclub beschäftigt die Justiz: Der Angeklagte nutzte gegen den Willen und ohne Wissen des Opfer kein Kondom.

Um einen sexuellen Übergriff im Hattinger Swingerclub ging es gestern vor dem Amtsgericht. Im Raum stand die Anzeige einer Beteiligten, die – nach ihren eigenen Worten – vor dem Geschlechtsverkehr ausdrücklich hatte wissen lassen, dass sie nur geschützten Sex haben will. Der Angeklagte hatte dennoch ungeschützten Sex mit der Frau. Das allerdings stellte sie erst nach dem Akt fest.

Das Opfer bemerkte nicht, dass das Kondom fehlte

Angeklagt war der 38-Jährige I. aus Remscheid, ein Bulgare, der kaum deutsch spricht. Er kam mit seiner Lebensgefährtin, die als Zeugin ebenfalls vor Gericht geladen war, fast eine Stunde zu spät zu der Verhandlung, was Richter Johannes Kimmeskamp sehr verärgerte. „Es ist ausgesprochen respektlos, hier alle fast eine Stunde warten zu lassen“, sagte er. Die Begründung von I. daraufhin: „Wir haben das Amtsgericht nicht gefunden.“

Vor gut einem Jahr kam der 38-Jährige mit seiner Lebensgefährtin zu einer Veranstaltung mit zirka 200 Menschen in den Hattinger Swingerclub. Dort traf er auf die Dame (Anfang 40), die ihn nach dem Abend angezeigt hat. Er habe zuerst mit seiner Lebensgefährtin Sex gehabt, dann hätten die beiden geduscht, danach habe er mit der Geschädigten Oralverkehr gehabt. Das alles in bestem Einvernehmen. Im weiteren Verlauf führte er mit der Anfang 40-Jährigen Geschlechtsverkehr durch - und zwar ohne Kondom, was der Frau aber durch die gewählten Praktiken nicht auffallen konnte.

Swingerclub Hattingen gibt Kondompflicht vor

Erst als ein weiterer Mann, ebenfalls als Zeuge vor Gericht, während des Geschlechtsverkehrs der beiden hinzukam und nach der Beendigung sah, dass I. gar kein Kondom benutzte, sei die Sache zum Thema geworden. Es gab Streit, die Frau war genauso wütend wie seine Lebensgefährtin. Die gab an, sie sei eifersüchtig gewesen, weil sie selbst mit ihrem Partner Sex haben wollte, aber auch sauer, weil er offenbar kein Kondom benutzt habe.

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Auf den Einwand von Richter Johannes Kimmeskamp, auf der Homepage des Swingerclubs stünde doch ganz klar, dass es Pflicht sei, Kondome zu benutzen, erklärte der 38-Jährige, er spräche zu schlecht deutsch und habe das wohl nicht richtig verstanden. Als der Richter ihm vorhielt, dass es Aussagen von Zeugen gebe, I. habe schon vorher eine Frau gefragt, ob sie ungeschützt Sex mit ihm haben wolle, versagte das Gedächtnis des Remscheiders. „Daran kann ich mich nicht mehr erinnern“, erklärte er.

Opfer hat Angst vor Ansteckung mit einer Krankheit

„Stealthing“-Urteil bundesweit beachtet

Erst vor Kurzem sorgte ein Urteil in einem ähnlichen Fall für bundesweite Aufmerksamkeit. Zum ersten Mal musste der 4. Senat des Kammergerichts in Berlin als erstes Oberlandesgericht über die Strafbarkeit des sogenannten „Stealthings“ entscheiden. Damit ist das heimliche Abstreifen des Kondoms beim Geschlechtsverkehr gemeint.

In ihrem Beschluss haben die Berliner Richter entschieden, dass das „Stealthing“ dann den Tatbestand des sexuellen Übergriffs gemäß Paragraf 177 Absatz 1 des Strafgesetzbuchs erfüllt, wenn der Täter das Opfer nicht nur gegen dessen Willen in ungeschützter Form penetriert, sondern auch in den Körper der Geschädigten ejakuliert.

Die Geschädigte sagte aus, sie habe am nächsten Tag sofort ein Krankenhaus aufgesucht und sich vorsorglich behandeln lassen, weil sie wahnsinnige Angst davor habe, sich mit irgendeiner Krankheit angesteckt zu haben. Die Lebensgefährtin des Angeklagten erklärte vor Gericht, es sei schließlich nicht nur Sache ihres Mannes, darauf zu achten, dass ein Kondom benutzt wird, sondern auch die Frau hätte aufpassen müssen.

Ein Urteil gibt es noch nicht. Da Zeugen entschuldigt fehlten, wird der Prozess in der kommenden Woche, am 27. August, fortgesetzt.

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