Hattingen. Christian Warlich aus Hattingen wird im August 1980 Weltmeister im Leichtgewichts-Einer. Olympische Spiele bleiben dennoch nur ein Traum für ihn.
Dieser Weltmeister ist abgehoben. Nein, Christian Warlich ist nach seinem WM-Titel im Leichtgewichts-Rudern nicht dieser Welt entrückt, er hat vielmehr das Element gewechselt – vom Wasser in die Luft: Der Hattinger, der mit seinen vielen Erfolgen die ewige Bestenliste des Rudervereins Blankenstein anführt, hat sich nach dem Leistungssport dem Segelfliegen gewidmet.
Der Blankensteiner fertigt auf der 2000-Meter-Distanz alle ab
Hazewinkel, Belgien, im August 1980: Christian Warlich sitzt in seinem Leichtgewichts-Einer auf der Regattabahn nahe Mechelen und wartet auf den Startschuss. Er ist jung, gerade 22, seine Kontrahenten sind erfahrene Recken, allesamt nicht bei ihrer ersten WM mit dabei. Doch der Blankensteiner fertigt sie auf der 2000-Meter-Distanz alle ab: In 7:00,94 Minuten kommt er mehr als fünf Sekunden vor Titelverteidiger William Belden (USA) ins Ziel und beinahe acht Sekunden vor José Antonio Montosa Ortega aus Spanien Jetzt ist er weltklasse!
Christian-Georg Warlich wird am 4. Oktober 1957 geboren. Als er noch ein kleiner Junge ist, steht er immer wieder am Segelflugplatz. Die Fliegerei hier fasziniert ihn, aber er findet langweilig, dass „die meisten schon früh wieder aus der Luft herunterkommen“. Also setzt er sich mit zwölf ins Ruderboot und geht in Blankenstein auf die Ruhr. Nach etlichen Erfolgen im Juniorenbereich (hierfür bekommt er beispielsweise im Juli 75 von Bürgermeister Willy Brückner gleich drei Silbermünzen überreicht) wird Warlich im Jahr 1978 zum ersten Mal Deutscher Meister bei den Senioren – bis zum Jahr 1987 folgen sechs weitere Titelgewinne.
Riesiger Empfang
Wie fühlt man sich als frischgebackener Weltmeister, fragt die WAZ-Redaktion am 19. August 1980 Christian Warlich. „Sauwohl“, sagt er und lächelt stolz. Trainiert wird in diesen Jahren vom Blankensteiner Urgestein Henning Sandmann.
Auf dem Blankensteiner Marktplatz ist an diesem Tag „der Teufel los“ – Tausende Bürger bereiten ihrem Christian einen riesigen Empfang.
Er startet in der Leichtgewichts-Klasse, in der es Obergrenzen für das Körpergewicht der Ruderer und bei Teams eine Grenze für das Mannschaftsschnittgewicht gibt – der Weltruderverband gibt für ihn heute bei 1,84 Meter Größe ein Gewicht von 75 Kilogramm an. Christian Warlichs Pech: Der Leichtgewichts-Einer war nie olympisch – und ist es bis heute nicht. „Das hat mich natürlich schon etwas geärgert, weil meine Leistungen gut waren“, sagt der Blankensteiner in einem WAZ-Interview. Dennoch bleibt er bei dieser Disziplin – auch weil es zu seiner Zeit mit Peter-Michael Kolbe im olympischen Einer einen überragenden Konkurrenten im Land gibt.
Neben dem Leistungssport studiert er Mathematik
Als Leichtgewicht wird er Weltmeister, parallel studiert er Mathematik. „So ein Erfolg wäre heute wohl nicht mehr möglich“, sagt er. Die Bedingungen seien inzwischen für die Sportler viel schwieriger. Sechsmal in der Woche hat er zweimal täglich trainiert. „Heute würde das nicht ausreichen, vor allem weil die Regeneration in der Trainingssteuerung eine stärkere und bedeutende Rolle eingenommen hat.“ Er selbst habe „ein paar Semester lang öfter gerudert als studiert“. Und auch wenn es an der Uni erst einmal holprig läuft, feiert er durch sie seinen zweiten großen Erfolg: Im Juli 1984 gewinnt er in Mailand die Studenten-Weltmeisterschaft. „Irgendwann habe ich dann aber Prioritäten gesetzt“, sagt er. Heute ist er Diplom-Mathematiker.
Letzte Wettkampf-Saison im Jahr 1988 gerudert
Im Jahr 1988 rudert Christian Warlich seine letzte Wettkampf-Saison. Es ist das Jahr, in dem seinem Klubkollegen Armin Eichholz der größte Triumph eines Hattinger Sportlers gelingt – die Goldmedaille bei den Olympischen Spielen in Seoul mit dem Deutschland-Achter.
Im Jahr 1990 greift Christian Warlich zum Steuerknüppel und beginnt mit dem Segelfliegen. „Die Sonne muss lange scheinen, damit sich der Boden erwärmen kann und so die warme Luft nach oben steigt, damit ich im Flieger Auftrieb bekomme“, erzählt er. Bis zu 700 Kilometer weit fliegt er. Und er sagt: „Man muss damit rechnen, dass man nicht mehr zurückkommt und sich abholen lassen muss.“
Auf knapp 200 Flugstunden im Jahr kommt er, besonders gerne fliegt er über die Provence. Im Urlaub ist Christian Warlich deshalb immer wieder in Frankreich. Sein Heimflugplatz ist indes in Iserlohn-Sümmern. Hier ist der Hattinger heute Fluglehrer, eine Rarität. „Es macht mir viel Spaß zu sehen, wie sich junge Menschen steigern und souveräner werden“, sagt er zufrieden.
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