Hattingen. Die Pandemie bringt viele Wirte in Not. Aufgegeben hat in Hattingen allerdings noch keiner. Es gibt sogar Neustarts – aber auch Warnrufe.
Die Corona-Pandemie hat die Gastronomie besonders hart getroffen. Nach dem Betriebsverbot im März kommen inzwischen zwar die Gäste Zug um Zug zurück. Die Umsätze bleiben allerdings noch im Keller. Die gute Nachricht: Insolvenzen gibt es in Hattingen bisher nicht.
Mehr noch: Neue Betreiber in bekannten Häusern und sogar Neueröffnungen sind in diesen Wochen an den Start gegangen. So hat vor einer Woche die Eisdiele „Kuhbar“ am Untermarkt eröffnet. Im Lokal „Grammophon“ schräg gegenüber hat ein neuer Betreiber die Zügel in die Hand genommen, im Waldrestaurant in der Schulenburg hoch über der Stadt ebenfalls.
„Hattingen ist eben ein starker Standort“
Und: Die Gastronomen-Familie Grum kündigt die Grundsteinlegung für ihr Wellness-Hotel für den 31. Juli an. Und damit das nächste Lokal.
Für Georg Hartmann ist das alles kein Zufall. „Hattingen ist eben ein starker Standort“, sagt der Geschäftsführer von Hattingen Marketing selbstbewusst. „Das wissen die Gastronomen, auch wenn sie jetzt natürlich eine schwierige Durststrecke überstehen müssen.“
Konjunkturpaket trägt zur Stärkung bei
Dass bisher niemand aufgeben musste, sieht Hartmann als gutes Zeichen für die Zukunft. Auch die Pizzeria Mimo im Hügelland, die ihre vorübergehende Schließung auf ihrer Internetseite zumindest teilweise mit der Corona-Krise begründet, suche eigentlich nur nach einem neuen Standort. „Da hat es Probleme gegeben“, so Hartmann.
Auch das Konjunkturpaket der Stadt, das Ende Juni eine große politische Mehrheit im Rat beschlossen hat, trägt nach Hartmanns Einschätzung zur Stärkung des Standorts Hattingen bei. Das Maßnahmenpaket entlastet die Wirte, indem es die Kosten für Außengastronomie senkt, macht Parken billiger und fördert digitales Einkaufen.
„Die Pleiten werden kommen, auch in Hattingen“
Heinz Bruns sieht die Lage kritischer. „Die Pleiten werden kommen, auch in Hattingen“, warnt der Chef des Restaurants Haus Kemnade. Die Gäste hätten zurzeit noch große Angst vor Besuchen in Gaststätten und wollten alle draußen sitzen. „Spätestens im Herbst werden wir Probleme bekommen. Dann ist die Zeit der Außengastronomie vorbei und bei vielen werden dann wohl auch die letzten finanziellen Reserven aufgebraucht sein“, sagt Bruns, der auch Präsidiumsmitglied im Deutschen Hotel- und Gaststättenverband Westfalen ist.
„In vielen Nachbarstädten gibt es bereits zahlreiche Insolvenzen, auch in großen Kommunen“, hat er in dieser Funktion wahrgenommen. „Das wird auch in Hattingen passieren.“
Bruns hat im Haus Kemnade drei Mitarbeiter entlassen
Dass in schwierigen Zeiten neue Gaststätten öffnen, ist für Bruns dazu kein Widerspruch. „Wer startet, fängt klein an und kann die Kosten noch gering halten“, sagt der Koch und Geschäftsmann. „Wenn große Betriebe ihr Geschäft herunterfahren müssen, ist das ungleich schwieriger.“
Bruns selbst hat im Haus Kemnade einen zweiten Ruhetag eingeführt und drei Mitarbeiter entlassen müssen. „Dafür zahle ich dann aber Abfindungen, obwohl wir zurzeit nur 20 Prozent unseres normalen Umsatzes machen. Das hält nicht jeder lange aus.“
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Nach der ersten Schließungswelle im Herbst werde es eine zweite im nächsten Jahr geben, warnt der Gastronom. „Preisanstiege und Lohnanstiege sind unvermeidlich“, sagt Heinz Bruns. „Dann werden weitere Betriebe am Ende sein.“