Hattingen. Mikroabenteuer sind aktuell ein großes Ding in den Sozialen Netzwerken. Zwei Hattingerinnen haben es ausprobiert. Das haben sie erlebt.
„Nachts haben wir kaum gesprochen, sondern den Naturgeräuschen gelauscht. Das Zwitschern der Waldkäuzchen, der schreiende Fuchs und der Wind in den Blättern – es war so eindrucksvoll“, erzählt Delia Biehl begeistert von ihrem ersten Mikroabenteuer mit ihrer Freundin Eva, einem Pferd, einem Pony und einem Muli unter freiem Himmel. „Auch wenn man diese Geräusche als Landkind bereits kennt, es ist etwas ganz Besonderes, dies nachts unter freiem Himmel zu erleben – einfach irre!“
Die Idee zu ihrem ersten Mikroabenteuer habe sie aus einem Podcast von Autor Christo Förster. „Er hat von seinen Mikroabenteuern in der Heimat gesprochen, beispielsweise einem dreitägigen Stand-up-Paddel-Ausflug oder davon, zu einem Frühstück nach Hamburg mit dem Fahrrad zu fahren.“
Diese kleinen Abenteuer im Alltag holten einen aus der Komfortzone und man könne dabei genauso viel erleben, wie bei einer Fernreise, meint die 33-jährige Awo-Mitarbeiterin. „Das hat uns so begeistert, dass wir das auch erleben wollten.“
Regeln für Mikroabenteurer
Es gebe aber ein paar Regeln, die man als „richtiger“ Mikro-Abenteurer beachten müsse: „Man sollte maximal 72 Stunden unterwegs sein, nirgendwo Müll hinterlassen und an Verkehrsmitteln darf man nur Züge nutzen.“ Ganz wichtig auch: Das Schlafen unter freiem Himmel ist obligatorisch. „Wenn es regnet, muss man da eben durch, oder man besorgt sich vorher eine Hängematte mit Regenplane - das ist erlaubt.“
An einem Samstag ging es los, mit acht bis zehn Kilogramm Gepäck pro Pferd: Obst, Wasser, Erste Hilfe Koffer, Iso-Matten, Schlafsäcke, Gaskocher, Dosen-Ravioli und Zahnputzzeug, alles verpackt in extra umgenähten XL-Hunderucksäcken. „Damit es bei den Pferden nicht drückt oder scheuert.“
Vorher habe sie sich um einen Schlafplatz auf einer Wiese bei fünf Bauern bemüht, denn wildes Campen sei illegal und gefährlich, warnt Biehl. Nur einer der Landwirte habe quasi in letzter Minute zugesagt. „Die anderen Bauern haben mir erklärt, dass sie Angst vor Nachahmungstätern hätten, dass dann auf einmal ihre Wiesen und Felder voll mit Campern wären - und das zu Corona-Zeiten.“
Lieferservice per Quad
Sechs Stunden lang und etwa 20 Kilometer weit seien sie durch die Elfringhauser Schweiz geritten, dazu komme noch eine eineinhalbstündige Mittagspause. „Als dann endlich unsere Wiese zur Nachtruhe im Blickfeld erschien, waren wir echt glücklich, wir waren so kaputt!“ Der Landwirt kam sogar vorbei und habe sie freundlich begrüßt, aber das sei nicht der einzige Besuch geblieben.
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„Unsere Männer sind wie geplant abends mit ihren Quads gekommen, um uns Sachen zu bringen, die wir nicht transportieren konnten: Heu, vierzig Liter Wasser sowie Materialien, um einen provisorischen Zaun für die Pferde zu bauen.“ Bei der eindrucksvollen Nacht mit den Naturgeräuschen unter freiem Himmel „hatten wir echt Glück: Kein Regen und keine Probleme mit Insekten“. Dann ging es zurück nach Hause.
Auf dem Rückweg einem Unfall entgangen
Das Mikroabenteuer würden sie ausschließlich positiv in Erinnerung behalten, obwohl sie auf dem Rückweg gerade eben einem Unfall entgingen. „Zwei Motorradfahrer sind zu nah an das Muli herangefahren, es hat sich erschreckt und ist auf die Straße und fast vor ein Auto gesprungen!“
Im nächstes Jahr sei bereits das nächste Mikroabenteuer mit den Pferden geplant. Auch einen Stand-up-Paddelausflug wie der von Ideengeber Christo Förster könne sie sich vorstellen: „Dann aber natürlich ohne Pferde, das hält ja kein Brett aus“, sagt sie lachend.