Hattingen. Ein Mann aus Hattingen muss sich wegen der Verbreitung von Missbrauchsvideos verantworten. Eine Datei führt auf seine Spur. Die Fälle häufen sich

Erneut musste am Amtsgericht Hattingen jetzt ein Fall des Besitzes und der Verbreitung von Kinderpornografie verhandelt werden. Die Zahl solche Verhandlungen ist zuletzt deutlich angestiegen. In diesem Fall kam der Angeklagte mit einer Bewährungsstrafe davon.

Missbrauchsvideos auf Filesharing-Plattform

Der Tatvorwurf gleicht denen, die hier zuletzt häufiger zu hören waren: Der 47-jährige Hattinger soll über eine Filesharing-Plattform Dateien mit harter Kinderpornografie heruntergeladen und selbst auch wieder verbreitet haben. Dass er gezielt danach gesucht habe, leugnet er vor Gericht. Allerdings lassen Erkenntnisse aus der Analyse seines Computers anderes vermuten.

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„Es stimmt, ich habe viele Sachen runtergeladen“, erklärt der Angeklagte vor Gericht. Allerdings habe es sich um ganze Sammlungen gehandelt. „Ich habe nur nach ‘Cam’ oder so etwas gesucht. Mir war schnurz, was ich da runterlade. Es war nur aus Langeweile“, sagt er. Erwartet habe er Videos von so genannten Dashcams oder anderes. Im Gegenteil, er habe versucht, keine Straftat zu begehen, indem er nur kleinere Dateien geladen habe, aber keine Musik oder Kinofilme, betont er.

Tausendfache Verbreitung der Kinderpornografie

Dass sich unter seinen geladenen Bildern und Videos auch harte Kinderpornografie befunden habe, unter anderem ein Video, dass den Missbrauch einer Fünfjährigen zeigt, will er erst später festgestellt haben. Er gibt aber zu, die Dateien nicht sofort gelöscht zu haben. Entsprechend wurden sie vom seinem Rechner tausendfach von anderen Nutzern der Plattform heruntergeladen und so weiterverbreitet.

Strafen für Kinderpornografie

Mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer eine kinderpornografische Schrift verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht. Wer Kinderpornografie besitzt, wird laut Strafgesetzbuch mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Kinderpornografisch ist eine Schrift laut Gesetzgeber, wenn sie sexuelle Handlungen von, an oder vor einer Person unter vierzehn Jahren zeigt. Zudem fällt darunter die Wiedergabe eines ganz oder teilweise unbekleideten Kindes in unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung und die sexuell aufreizende Wiedergabe der unbekleideten Genitalien oder des unbekleideten Gesäßes eines Kindes.

Dass die Dateien versehentlich auf dem Rechner des Angeklagten gelandet sind, kann Richter Johannes Kimmeskamp nicht glauben. Er hält dem Hattinger dessen Browserverlauf vor. Der belegt eindeutig die Suche nach sexuellen Inhalten unter der Beteiligung von mindestens Jugendlichen.

LKA sucht gezielt nach einer Datei

Auf die Schliche gekommen war die Polizei dem Hattinger schon vor drei Jahren – im Mai 2017 wurde seine Wohnung durchsucht und Rechner und Datenträger sichergestellt. Auch die Taten spielten sich 2016 und 2017 ab. Bis zur Verhandlung hatte es unter anderem deshalb so lange gedauert, weil die Auswertung der Datenträger sich als schwierig erwiesen hatte.

Auf die Spur des Hattingers führte das Video von der Fünfjährigen. Nach dieser Datei und Menschen, die sie heruntergeladen und geteilt haben, hatte das Landeskriminalamt Baden-Württemberg gezielt gesucht.

Organisation aus den USA unterstützt Ermittler

Die Zahl der Verhandlungen zum Besitz und zur Verbreitung von Kinderpornografie hat aber vor allem auch zugenommen, seit die Ermittler Unterstützung einer US-amerikanischen Organisation bekommen haben, die IP-Adressen von Nutzern weiterleitet. Die Nichtregierungsorganisation National Centre for Missing and Exploited Children (NCMEC) übermittelt Hinweise an das Bundeskriminalamt - allein 2018 waren es rund 70.000. Entsprechend steigt die Zahl der Anklagen in diesem Bereich.

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In diesem Fall nun wurde der Hattinger, der bisher keine Vorstrafen hatte, zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt. Er darf sich drei Jahre lang nichts zu Schulden kommen lassen und muss zudem 3000 Euro an den Verein Pro Kid in Herdecke zahlen.

Schwelle zur Straftat ist gering

Damit blieb des Gericht etwas unter der von der Staatsanwaltschaft geforderten Strafe von anderthalb Jahren. Verteidiger Lutz Eisel hatte der Staatsanwaltschaft uneingeschränkt recht gegeben, als deren Vertreterin erklärte: „Das sind Videos, da wird einem schlecht und wer so etwas anschaut, trägt auch immer eine Mitschuld an dem Missbrauch.“ Allerdings sagte der Verteidiger aus, dass die individuelle Schwelle, eine Straftat zu begehen, durch die technischen Möglichkeiten heute sehr gering sei. Verurteilt wurde der Angeklagte dennoch.